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David Gilly

David Gilly
David Gilly

Landbaumeister, Oberbaurat, Wasserbautechniker

geboren 07.01.1748 in Schwedt
gestorben 05.05.1808 in Berlin

David Gilly wurde als Sohn des zur Schwedter französischen Kolonie gehörenden Materialwarenhändlers Jacques Gilly und dessen Frau Marie, geb. Villemain, geboren. Sein Lebensweg ist äußerst bewegt.

1761 war er Schüler beim Oberbaudirektor L. Hahn und dem Obristen Isaak Jacob. Dort erhielt er die praktischen Grundlagen seines späteren Wissens. 1763, 15-jährig, hatte er ausgelernt und erhielt im selben Jahr seinen ersten Auftrag. Er befasste sich als Berufsstarter mit dem Wasserbau, speziell mit der Urbarmachung des Warthe- und Netzebruches in der Neumark. 1770 avancierte Gilly zum geprüften Baumeister und wurde im gleichen Jahr Landbaumeister in Preußen. Seit diesem Jahr arbeitete er als Vertreter des Baudirektors in Pommern mit Wohnsitz in Altdamm bei Stettin. Dort wurde auch sein hochbegabter Sohn Friedrich geboren, der als Architekturtheoretiker, insbesondere durch seine zukunftsweisenden genialen Entwürfe, bekannt wurde. Friedrich Gilly starb bereits 1788.

1772 wird Gilly Landbaumeister des Distriktes Hinterpommern und übersiedelt nach Stargard. 1776 vertraute der König ihm das Amt des Baudirektors von Pommern an. In dieser Funktion unterstand ihm das gesamte, staatlich geleitete bzw. geförderte und kontrollierte Bauwesen dieser Provinz. Seit 1782 wohnte Gilly in Stettin.

Seine Tätigkeit umfasste Mühlenbauten, städtische Wohnhäuser, Salzspeicher, Typenentwürfe für Bauern- und Kosätenhäuser, Kirchen, ländliche Industriebauten, den Innenausbau des Stettiner Schlosses sowie Hafen- und Kanalbauten. Sein Anliegen als Architekt war u. a. eine gute Durchbildung der geschlossenen Baukörper, wohlgewählte Proportionen zwischen Dach und Mauerwerk, zwischen Wand und Öffnungen und vor allem ein minimaler Kostenaufwand. Diese Auffassungen sicherten die Wirksamkeit seiner theoretischen Arbeiten bis weit ins neunzehnte Jahrhundert.

Das Jahr 1788 war für Gilly eine entscheidende Wende. Der tüchtige und gut beleumundete Schwedter wurde in die oberste Baubehörde des Landes, das Oberbaudepartement berufen. Dieses Amt zog viele Dienstreisen mit immer neuen Aufgaben nach sich, wie zum Beispiel Meliorationsarbeiten in Westpreußen und bei Schwedt, den Ausbau des Bromberger Kanals, die künstliche Verbindung von Netze und Weichsel, Hafenbauten in Danzig und Elbing sowie den Plan für Mühlenanlagen der Stadt Königsberg (Kaliningrad).

1790 übernahm Gilly das Revisorenamt für die Rentey Schwedt. Dort entstand eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem markgräflichen Baumeister Georg Wilhelm Berlischky.

1793-1800 bestimmte Gilly maßgeblich die Umgestaltung der Stadt Posen (heute Poznan). Er kannte die Probleme des Bauaufwandes und des Materialeinsatzes und schrieb Veröffentlichungen zu praktischen Fragen der Holzersparnisse. Außerdem beschäftigte er sich ausführlich mit der Bedeutung des Lehmbaues im ländlichen Bauwesen. -

Mit der Gründung der Bauakademie 1799, deren Direktorium er angehörte, wurde die Ausbildung von Baufachleuten in Preußen verbessert. Gilly erteilte Unterricht im Schleusen-, Hafen- und Wegebau sowie im Landbauwesen. Bei seinem Unterricht bestand immer eine enge Verbindung zwischen theoretischer und praktischer Tätigkeit. Gilly war beseelt von dem Drang, seine Kenntnisse weiterzugeben. Der Lehrer und Praktiker Gilly hat so eine ganze Generation von jungen Architekten für die Kunst des Bauens begeistert und geschult. Die Bedeutung seiner Architekturtheorie besteht darin, dass er einfaches zweckmäßiges Bauen in wohlausgewogenen Proportionen in den Vordergrund stellt. Seine bekanntesten Schüler waren Karl Friedrich Schinkel, Carl Haller von Hallerstein, Karl Ludwig Engel und Martin Friedrich Rabe. Karl Friedrich Schinkels Schloss- und Dorfneubau Neuhardenbergs im Oderbruch ist ohne dessen verehrten Lehrer schwer denkbar. In den Jahren 1802-1803 war Gilly Direktor der Bauakademie.

Auf dem Gut Steinhöfel bei Fürstenwalde hatte David Gilly die Gelegenheit, seine ästhetischen Ideen zu verwirklichen. Da später das Gutshaus stark verändert wurde, muss man sich die Eigenart Gillyschen Klassizismus anhand der Bibliothek im Park, des Amtshauses und einiger Wohnhäusern vor Augen führen. Die bekannteste architektonische Leistung Gillys sind die Entwürfe für das Dorf und das Schloss Paretz (1796-1803), bei denen eine bis dahin nicht gekannte klassizistische Geschlossenheit von der Gestaltung der Ortslage bis zu den Ausbaudetails realisiert wurde. Schloss Paretz war Sommerschloss für König Friedrich Wilhelm und seine Gemahlin Königin Luise, die sich dort außerordentlich wohl fühlte. Beide verbrachten glückliche Tage in Paretz. Weiterentwicklungen der klaren Formensprache waren das Herrenhaus Kleinmachnow und das Schloss Freienwalde, das umgebaut erhalten ist. Zwischen 1800 und 1805 entstand am Burgplatz in Braunschweig ein großer Baukomplex für den Verleger Vieweger.

Die Auswirkungen des Zusammenbruchs Preußens im Jahr 1806 erreichten auch David Gilly. Preußen konnte seinem höchsten Baubeamten 1807 kein Gehalt zahlen. Noch an seinem Todestag, am 05. Mai 1808 schrieb Gilly ein erschütterndes Bittgesuch, in dem er nicht für sich, sondern für seine Frau um Zahlung des ausstehenden Gehaltes bat.

Theoretische Werke: „Handbuch der Landbaukunst" (1797/98), „Über Erfindung, Construktion und Vorteil der Bohlendächer" (1797)