Staatskanzlei

Kabinett verabschiedet Gesetzesentwurf für neue Kommunalverfassung - Schönbohm: „Weiteres großes Reformvorhaben auf den Weg gebracht“

veröffentlicht am 28.08.2007

Das Kabinett hat am (heutigen) Dienstag die Gesetzentwürfe zur Reform der Kommunalverfassung und zur Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes verabschiedet. „Damit setzen wir ein weiteres im Koalitionsvertrag von SPD und CDU vereinbartes großes Reformvorhaben um“, betonte Innenminister Jörg Schönbohm nach der Kabinettsitzung. „Ich bin überzeugt, dass die neue Kommunalverfassung viele Verbesserungen und Erleichterungen in der kommunalen Praxis bringen wird. Wir haben bei der Erarbeitung der Gesetzentwürfe bewusst eine breite – auch öffentliche - Diskussion gesucht. Denn erst aus der Auseinandersetzung erwachsen oft die wirklich sachgerechten Lösungen. Ich bin froh, dass wir dem Landtag nunmehr ein so umfassendes und ambitioniertes Reformwerk vorlegen können.“ Mit dem Kommunalrechtsreformgesetz werden erstmals seit Inkrafttreten der geltenden Kommunalverfassung im Jahre 1993 alle kommunalrechtlichen Vorschriften sowie auch einzelne Vorschriften in Nebengesetzen überprüft und teilweise überarbeitet. Die bisher aus den Einzelgesetzen Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Amtsordnung bestehende Kommunalverfassung wird dabei zu einer einheitlichen, modernen und schlanken Kommunalverfassung zusammengeführt. Die Novelle enthält auch wichtige Änderungen der kommunalwahlrechtlichen Vorschriften und soll die gesetzlichen Voraussetzungen für die Direktwahl des Landrates zum 1.1.2010 schaffen. Die künftige einheitliche Kommunalverfassung wird nach den Worten Schönbohms die Eigenverantwortlichkeit der Kommunen stärken, Reibungsverluste zwischen Verwaltung und Mandatsträgern durch klare Verantwortungsstrukturen abbauen und bisherige Rechtsunklarheiten beseitigen. Ferner sollen das bürgerschaftliche Engagement gestärkt und die Verwaltungseffizienz durch den Abbau von Normen und Standards erhöht werden. Der Gesetzentwurf war unter breiter Beteiligung von Innenpolitikern, kommunalen Spitzenverbänden, wissenschaftlichem Sachverstand und Fachverbänden öffentlich diskutiert worden. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes soll die rechtlichen Voraussetzungen für die zeitgleiche Durchführung der Europa- und Kommunalwahlen ab dem Jahre 2014 schaffen. Dazu ist vorgesehen, die nächste - im Herbst 2008 beginnende - Kommunalwahlperiode um etwa ein halbes Jahr zu verlängern. Die zeitliche Zusammenlegung der beiden Wahltermine soll die Wahlbeteiligung insbesondere bei der Europawahl steigern. Beide Gesetzentwürfe sollen direkt nach der Sommerpause in 1. Lesung in den Landtag eingebracht werden. Damit ist es möglich, sie nach Sachverständigenanhörungen wie von der Koalition anvisiert noch in diesem Jahr zu verabschieden. Die überwiegende Zahl der Vorschriften soll mit dem Tag der nächsten landesweiten Kommunalwahlen in Kraft treten. Einige Vorschriften wie die gesetzlichen Voraussetzungen zur Einführung der Doppik sollen bereits am 1.1.2008 in Kraft treten und damit für einen Übergangszeitraum wahlweise neben den bisherigen haushaltsrechtlichen Vorschriften gelten. Die Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes erfordert auch eine Änderung der Kommunalwahlverordnung. Die neue Verordnung wird schnellstmöglich nach der Verabschiedung der Gesetzesnovelle durch den Landtag und dem Inkrafttreten des Gesetzes vorliegen. Zeitgleich mit der neuen Kommunalwahlverordnung soll auch der konkrete Termin für die im Herbst 2008 anstehenden landesweiten Kommunalwahlen festgelegt werden. Wichtige Eckpunkte der Kommunalverfassungsreform: · Erleichterung der Aufgabenübertragungen von den Landkreisen auf Große kreisangehörige Städte; · Stärkung der kommunalen Eigenverantwortung u.a. durch mehr Freiheit für gemeindebezogene Regelungen. o So soll künftig jede Gemeinde durch Festlegung in der Hauptsatzung selbst bestimmen können, in welchen Formen sie betroffene Einwohner in wichtigen Gemeindeangelegenheiten beteiligt. o Außerdem werden die Möglichkeiten zur Einrichtung von Beauftragten und Beiräten für Gruppen in der Gemeinde erweitert. · Neuregelung des Ausschussbesetzungsverfahrens. U.a. können nun fraktionslose Einzelabgeordnete in angemessenem Umfang am Ausschussbesetzungsverfahren partizipieren. · Klarstellung, dass der hauptamtliche Bürgermeister nicht Mitglied einer Fraktion sein kann. Dies war aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geboten, um die überparteiliche und ausschließlich an fachlichen Gesichtspunkten orientierte Entscheidungsfindung durch den unmittelbar gewählten Leiter der Gemeindeverwaltung zu gewährleisten. · Geheime Abstimmungen sind in öffentlicher Sitzung nicht mehr zulässig. Dies erhöht die Transparenz der gemeindlichen Entscheidungsfindung. · Fortschreibung und Vereinfachung des Ortsteilrechtes. Danach sind zukünftig auch Ortsteile ohne Ortsteilvertretung zulässig. · Das kommunale Haushaltsrecht wird schrittweise vom hergebrachten kameralistischen Rechungswesen auf das doppische Buchungssystem umgestellt, das ab 2011 in allen Kommunen des Landes verpflichtend ist. · Neuordnung des Rechtes der kommunalwirtschaftlichen Betätigung und Stärkung der gemeindlichen Kontrollrechte gegenüber den kommunalen Unternehmen; · Anhebung der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand der kommunalen Wahlbeamten wird von 65 auf 70 Jahre. Dies gilt sowohl für die direkt als auch für die indirekt gewählten Amtsträger. Wichtige Eckpunkte der Änderung des Kommunalwahlgesetzes: · Die bisherige Pflicht der kommunalen Vertretungen zur Bildung eines gesonderten Wahlprüfungsausschusses soll aufgehoben werden. Stattdessen soll die Vertretung der Gemeinde oder des Landkreises allein entscheiden können, ob sie die Vorprüfung der Wahleinsprüche einem bestimmten Ausschuss überträgt oder diese Aufgabe selbst wahrnimmt. · Die Spielräume der Kommunen bei der Organisation der Briefwahl sollen erweitert werden. Damit erhalten die Kommunen die Möglichkeit, die bisher getrennten Wahlbriefe für die Gemeinde- und Kreiswahlen zu einem Wahlbrief für sämtliche Kommunalwahlen zu vereinen. · Die Zuständigkeiten für die Vorbereitung und Durchführung der Ortsteilwahlen sollen künftig ausschließlich bei den betroffenen Gemeinden liegen. Bisher mussten bspw. die Kreiswahlausschüsse oder sogar der Landeswahlausschuss als Beschwerdeinstanz über die Zulassung von Wahlvorschlägen für Ortsteilwahlen entscheiden. · Vertreter, die ihre Mitgliedschaft in der Vertretung beenden wollen, sollen künftig ihren Mandatsverzicht auch schriftlich erklären können. Nach der geltenden Rechtslage muss jeder Mandatsverzicht dem Wahlleiter zur Niederschrift erklärt werden. Dies gilt selbst im Falle einer schweren Erkrankung oder Behinderung.