Staatskanzlei

Initiative „Gemeinsam Perspektiven eröffnen!“ gestartet

veröffentlicht am 18.07.2016

Brandenburg hat am Montag Weichen für eine erfolgreiche Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit gestellt. Die Landesregierung und die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit starteten mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern, den Industrie- und Handels- sowie den Handwerkskammern und dem Landkreistag die Initiative „Gemeinsam Perspektiven eröffnen!“. Damit verpflichten sie sich, Geflüchtete bei der Integration in den Brandenburger Arbeitsmarkt intensiv und aufeinander abgestimmt zu unterstützen.
Die feierliche Vertragsunterzeichnung fand im Potsdamer „Oberstufenzentrum I – Technik“ statt. Hier erhalten 75 jugendliche Flüchtlinge eine berufliche Grundbildung. Der Bildungsgang zum Erwerb der beruflichen Grundbildung wird mit ersten praktischen Erfahrungen durch Werkstatttage und Praktika kombiniert. Die Oberstufenzentren arbeiten dabei eng mit den Kammern zusammen und benötigen Partner in der Wirtschaft, die Praktikumsplätze zur Verfügung stellen.

Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte zum Start: „Das Beispiel des Bildungsgangs berufliche Grundbildung an den OSZ zeigt, dass für eine erfolgreiche Integration in Ausbildung und Arbeit das gemeinsame Agieren mehrerer Partner entscheidend ist. Deshalb haben wir heute mit allen Beteiligten die Initiative „Gemeinsam Perspektiven eröffnen“ unterzeichnet. Integration kann langfristig nur gelingen, wenn Geflüchtete auch eine Chance auf Gute Arbeit erhalten. Die Initiative wird dazu eine Reihe von Maßnahmen erarbeiten. Das ist genau die Art des Zusammenwirkens, die wir mit dem Bündnis für Brandenburg auf den Weg bringen wollten.“

Die 7-seitige Erklärung zur Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit „Gemeinsam Perspektiven eröffnen“ unterzeichneten für die Landesregierung neben Ministerpräsident Woidke Arbeitsministerin Diana Golze und Wirtschaftsminister Albrecht Gerber sowie Shirin Khabiri-Bohr, Geschäftsführerin Operativ der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, Doro Zinke, Vorsitzende des DGB Bezirk Berlin-Brandenburg, Alexander Schirp, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmerverbände in Berlin und Brandenburg, Beate Fernengel, Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg, Robert Wüst, Präsident Handwerkskammertag Land Brandenburg, und Landrat Wolfgang Blasig, Vorsitzender des Landkreistages.

Arbeitsministerin Diana Golze erklärte: „Ausbildung und Arbeit bieten den Menschen, die zu uns kommen, Perspektiven für eine Zukunft in Brandenburg. Zugleich ist Zuwanderung eine große Chance, gerade für den Brandenburger Arbeitsmarkt. Unser Ziel ist es, dass Asylsuchende so schnell wie möglich Arbeit finden und für ihr Leben selbst sorgen können. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Flüchtlinge wird in den kommenden Monaten deutlich steigen, wenn die vorliegenden Anträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgearbeitet werden. Der Start der gemeinsamen Initiative für eine bessere Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit kommt deshalb zum richtigen Zeitpunkt. Alle Partnerinnen und Partner der Brandenburger Arbeitspolitik ziehen an einem Strang. Mit den vereinbarten Handlungsansätzen werden wir die Fördermöglichkeiten für Geflüchtete deutlich verbessern. Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist ein langwieriger Prozess, der maßgeblich von den Sprachkenntnissen abhängt. Deswegen hat Brandenburg das erfolgreiche Landesprogramm ‚Deutsch für Flüchtlinge‘ bis Ende 2017 verlängert. Das Land ergänzt damit das Integrationskursangebot des Bundes für die Flüchtlinge, die zu den dortigen Kursen noch keinen Zugang haben.“

Wirtschaftsminister Albrecht Gerber: „Viele der Frauen und Männer, die aus anderen Ländern zu uns kommen, haben bereits Berufserfahrung. Andere möchten einen Beruf erlernen. Dieses Potenzial dürfen wir nicht verschenken. Denn unseren Unternehmen fällt es immer schwerer, Fachkräfte zu finden. Und die Aufnahme einer geregelten Arbeit hilft den Geflüchteten beim Ankommen in Brandenburg. Mit der Initiative ,Gemeinsam Perspektiven eröffnen!‘ gehen wir einen weiteren Schritt, um ihnen den Einstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern. Und unseren Unternehmen hilft das bei der Suche nach geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“

Shirin Khabiri-Bohr, Geschäftsführerin Operativ der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit: „Ich freue mich, dass wir in Brandenburg alle an einem Strang ziehen, um Menschen mit Fluchthintergrund bestmöglich zu integrieren. Die Bundesagentur für Arbeit setzt mit ihrer Integrationsarbeit bereits im Asylverfahren an. Wichtige Voraussetzung für Arbeit- und Ausbildungsaufnahme sind insbesondere Sprachkenntnisse, aber auch die Bereitschaft der Unternehmen, Menschen einzustellen, die auf dem Fluchtweg zu uns gekommen sind. Mit dem Abschluss der heutigen Vereinbarung, verpflichten wir uns, dass wir in Brandenburg auch weiterhin Hand in Hand arbeiten.“

Doro Zinke, Vorsitzende des DGB Landesbezirk Berlin-Brandenburg: „Geflüchtete Menschen in Brandenburg müssen möglichst schnell Zugang zu guter Arbeit und Ausbildung bekommen, um in unserer Gesellschaft anzukommen. Jetzt gilt es, Vorbehalte in den Betrieben abzubauen. Die Initiative „Gemeinsam Perspektiven eröffnen“ halten wir darum für eine gute Idee. In Brandenburg müssen wir jetzt darauf achten, dass geflüchtete Menschen in gute Arbeit kommen und nicht in drittklassigen Jobs ausgebeutet werden. Wir wollen nicht, dass geflüchtete Menschen als Lohndrücker arbeiten. Sprachkurse und gute Beratung, in der Menschen über ihre Rechte bei der Arbeit aufgeklärt werden, sind deshalb sehr wichtig.“

Alexander Schirp, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V.: „Es ist gut, den politischen Schulterschluss in dieser wichtigen Frage zu üben. Noch wichtiger ist es, den an der Integration beteiligten Akteuren praktisch zu helfen. Ein gutes Beispiel dafür ist die betriebliche Begleitagentur, die vom Land Brandenburg gefördert und von UVB unterstützt wird. Die Agentur ist Anlaufstelle für Unternehmen, die sich für die Integration von geflüchteten Menschen in Ausbildung und Arbeit konkret interessieren. Viele Betriebe engagieren sich bereits für die Integration der Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen. Die Brandenburger Wirtschaft will damit auch zeigen, dass sie für Vielfalt und Internationalität eintritt.“

Beate Fernengel, Präsidentin der IHK Potsdam, sagte für die Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg: „Die IHKs reden mit den Unternehmen und steigern damit die Bereitschaft, Ausbildungsplätze anzubieten und auch so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dazu organisieren die IHKs Workshops für Unternehmen zu interkultureller Kompetenz und betrieblicher Integration von Flüchtlingen und unterstützen bei ganz konkreten Anfragen der Betriebe und finden mit den Partnern – Jobcenter, Arbeitsagentur und Ausländerbehörde – passende und zielorientierte Lösungen. Unsere bundesweite IHK-Lehrstellenbörse haben wir erweitert, um Praktika auch für Bewerberinnen und Bewerber mit geringen Deutschkenntnissen anzubieten.“

Robert Wüst, Präsident Handwerkskammertag Land Brandenburg: „Auch für das Handwerk kann die Integration Geflüchteter in die Betriebe eine wichtige Stütze bei der Fachkräftesicherung werden. Daher begrüßt das brandenburgische Handwerk die gemeinsam gestartete Initiative unter dem Dach der Landesregierung. Das Handwerk hat bereits im letzten Jahr ein flexibles Qualifizierungs- und Betreuungssystem für Geflüchtete mit Bleibeperspektive entwickelt und kann mit ersten positiven Beispielen aufwarten. Und auch in den angebotenen Kursen zum Erwerb interkultureller Kompetenzen haben sich Unternehmer und Mitarbeiter seit letztem Jahr vorbereitet, um eine qualifizierte Betreuung in den Betrieben zu gewährleisten. Dank der guten Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen ist eine gute Basis gelegt. Natürlich sind die Erwartungen auf allen Seiten hoch. Mit dem vereinbarten Maßnahmenpaket sehen wir gute Chancen, den Prozess weiter zu beschleunigen und die Integration erfolgreich zu gestalten.“

Wolfgang Blasig, Vorsitzender des Landkreistages, erklärte: „Erst Sprache er-möglicht die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, denn gute deut-sche Sprachkenntnisse sind die Grundlage für Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe. Sprache ist in meinen Augen sowohl emotional als auch technisch gesehen eine Kompetenz, die man braucht, um dazuzugehören. Dabei ist es mir wichtig, dass die Geflüchteten Sprache als Bereicherung für sich selbst sehen und nicht als Druckmittel. Ich hoffe sehr, dass unsere gemeinsame Initiative genau das vermitteln kann.“

Die gemeinsamen Ziele der Initiative „Gemeinsam Perspektiven eröffnen!“ sind:

  1. Grundvoraussetzung für eine Integration von Geflüchteten in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt ist der rasche Erwerb der deutschen Sprache. Deshalb setzen sich die Kooperationspartner für ein qualitativ und quantitativ ausreichendes Angebot an Sprachförderung ein.
  2. Jugendliche sowie ausbildungsreife Geflüchtete sollen vorrangig in duale Ausbildung vermittelt werden. Dieser Bildungsweg ist den jungen Geflüchteten als echte Berufsperspektive zu vermitteln. Die Kooperationspartner werden sich gemeinsam für ein attraktives Ausbildungsangebot mit anschließenden Beschäftigungsmöglichkeiten einsetzen. Damit kann ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung in Brandenburg geleistet werden.
  3. Zuwanderer werden auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt intensiv begleitet. Vorhandene Qualifikationen und Kompetenzen sind als Voraussetzung eines frühzeitigen Integrationserfolgs rasch zu ermitteln, anzuerkennen und zu nutzen. Fehlende Qualifikationen sind zu erwerben.

Die Vertragspartner verpflichten sich, ihre Bildungs- und Qualifizierungsangebote für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten untereinander abzustimmen und aufeinander aufzubauen. Zu den konkreten Handlungsfeldern gehören unter anderem:

  • Die Kompetenzerhebung für Geflüchtete mit Bleibeperspektive erfolgt durch die Bundesagentur für Arbeit künftig bereits in einem neu eingerichteten Ankunftszentrum in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt. Dort werden die Geflüchteten über die verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten bei der Aufnahme von Praktika, Ausbildung und Arbeit informiert.
  • Die Beratungsfachkräfte der Arbeitsagenturen und Jobcenter beziehen junge Geflüchtete frühzeitig in Berufsorientierung und Berufsberatung ein und stellen für diesen Personenkreis besonders ausgerichtete Fördermaßnahmen bereit.
  • Die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter unterstützen Geflüchtete mit Anspruch auf einen Integrationskurs des Bundes dabei, den Kurs schnellstmöglich zu absolvieren.
  • Das Land Brandenburg fördert mit dem Landesprogramm „Deutsch für Flüchtlinge“ zusätzliche Möglichkeiten des Spracherwerbs für Asylsuchende, die noch keinen Zugang zu den Integrationskursen des Bundes haben.
  • Alle berufsschulpflichtigen Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz können nach Klärung ihrer individuellen Voraussetzungen in entsprechende Bildungsgänge der Berufsschule und Berufsfachschule aufgenommen werden.
  • Die Partner der Wirtschaft werben in den Unternehmen für die Bereitstellung von Praktikumsplätzen zur Berufsorientierung sowie zur Ausbildungs- und Berufsvorbereitung und unterstützen die Arbeitsagenturen und Jobcenter dabei, bei der Akquise von Plätze für die betriebliche Phasen im Rahmen der Förder-Instrumente „Perspektiven für Flüchtlinge“, „Perspektiven für junge Flüchtlinge“ und „EQ-Welcome“

Aktuell sind rund 5.000 Personen aus den sogenannten Asylzugangsländern in Brandenburg arbeitslos gemeldet. Dabei bilden Geflüchtete aus Syrien mit einem Anteil von 64 Prozent die größte Gruppe. Etwa die Hälfte der in Brandenburg lebenden Flüchtlinge ist unter 35 Jahre alt.

Hinweis: Fotos von der Unterzeichnung können im Anschluss kostenlos unter Nennung der Quelle brandenburg.de herunter geladen werden.