Staatskanzlei

Landesverfassung zukunftsweisend und eigenständig

Gemeinsame Pressemitteilung der Staatskanzlei und des Landtages Brandenburg

veröffentlicht am 08.06.2012

Nach dem Festgottesdienst in der Potsdamer Nikolaikirche mit Bischof Dr. Markus Dröge und Erzbischof Dr. Rainer Maria Kardinal Woelki würdigten im Landtag Brandenburg die Abgeordneten und die Angehörigen der Landesregierung gemeinsam mit „Akteuren von damals“ das 20. Jubiläum der Landesverfassung. Landtagspräsident Gunter Fritsch hob in seiner Begrüßung hervor, dass der Landtag Brandenburg am 14. April 1992 das erste Parlament ostdeutscher Länder war, das eine Verfassung verabschiedete: „Wir Brandenburger haben genügend gute Gründe, stolz auf die Verfassung des Landes zu sein. Sie ist fortschrittlich und in ständiger Fortentwicklung, was die bisher erfolgten sieben Verfassungsänderungen verdeutlichen, zuletzt die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre. Regelungen wie die Vorgabe eines garantierten Rechts der Opposition auf Chancengleichheit, das Verbot der sexuellen Diskriminierung, das Recht auf angemessenen Wohnraum und der Schutz von auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaften, weitreichende Akteneinsichtsrechte und die Tatsache, dass die Brandenburger Abgeordneten nicht schon a priori Immunität genießen, belegen die besondere Eigenständigkeit unserer Verfassung. Sie ist kein starres Gebilde und nicht dazu verdammt, in den Bücherregalen zu verstauben. Sie ist das Dokument, das für alle Menschen im Land Maßstäbe setzt, welches die Aufgaben für die Legislative, Exekutive und Judikative festlegt sowie das Verhältnis zum Bund definiert.“, so der Landtagspräsident. Für Ministerpräsident Matthias Platzeck bewahrt die Landesverfassung den Geist der freiheitlichen Errungenschaften der friedlichen Umbrüche im Herbst 1989. Wörtlich sagte er bei der Veranstaltung: „Denjenigen, die damals mit an Runden Tischen gesessen haben und nun in Brandenburg politische Verantwortung übernehmen wollten, war genau das wichtig: das Recht auf Mitbestimmung, Meinungs- und Medienfreiheit, aber auch die Verpflichtung, auf Arbeit und soziale Sicherung hinzuarbeiten. Es war der Versuch, etwas Eigenes zu schaffen: eine Kombination aus der Erweiterung der bereits im Grundgesetz garantierten Grundrechte und den Erfahrungen unserer friedlichen Revolution.“ Voraussetzung für diese Arbeit sei der politische Stil der Beratungen im damaligen Verfassungsausschuss gewesen, erinnerte der Ministerpräsident. „Die Verfassung wurde gemeinsam von Abgeordneten aller im Landtag vertretenen Parteien erarbeitet. Der politische Stil der Beratungen im Verfassungsausschuss war durch die allen Ausschussmitgliedern eigene Bereitschaft zum ergebnisorientierten, konstruktiven Meinungsaustausch und zum Kompromiss gekennzeichnet.” Als Festredner lobte Prof. Dr. Klaus Finkelnburg – externes Mitglied des vorbereitenden Verfassungsausschusses und erster Präsident des Berliner Verfassungsgerichtshofes die Verfassung als eine bürgernahe demokratiefreundliche und für jedermann verständliche Verfassung, für die sich Brandenburg rühmen könne. „Was seit Stuttgart 21 diskutiert wird, wie die breite Bürgerbeteiligung an wichtigen Projekten, wurde in Brandenburg bereits verwirklicht. Entgegen damaligen Unkenrufen hat das Verfassungsgericht die brandenburgische Landesverfassung niemals beanstandet. Auch die Bedenken vor 20 Jahren zur Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz sind seit langem verstummt.“ Gemeinsam mit der Vizepräsidentin des Verfassungsgerichts, Kerstin Nitsche, Bildungsministerin Dr. Martina Münch und Justizminister Dr. Volkmar Schöneburg zeichnete Landtagspräsident Fritsch die Gewinner des Schülerwettbewerbs zum Thema 20 Jahre Landesverfassung aus. Die Landespreise haben erhalten: Anna Katharina Stroh, Eddie Berresheim und Alexander Randow aus der Klasse 9b des Leonardo-da-Vinci-Campus in Nauen, Arbeitsgemeinschaft Geschichte/Politische Bildung der Grundschule Plessa. Weitere Aktivitäten zum Verfassungsjubiläum: Am 21. August, dem Tag des Inkrafttretens der Verfassung, wird anlässlich des Wechsels des Präsidenten des Verfassungsgerichts eine weitere Festveranstaltung stattfinden, zu der auch die Spitzen der Justiz in Berlin und Brandenburg eingeladen und eine eigens zum Jubiläum erarbeitete Festschrift des Landtages vorgestellt werden, die sich mit den Besonderheiten der brandenburgischen Landesverfassung befasst. Hintergrund: In der Volksabstimmung am 14. Juni 1992 sprachen sich 94% der Brandenburger bei einer Beteiligung von 47,9% für die Verfassung aus. Der Beschlussfassung im Landtag ging eine rund 16 Monate andauernde parlamentarische Befassung voraus, die sich äußerst schwierig gestaltete, da die Vorstellungen über den Charakter der Verfassung bei den Fraktionen weit auseinandergingen. Bei allen kontroversen und zum Teil emotional geführten Diskussionen gelangen schließlich parteiübergreifend Kompromisse, die die politische Kultur entscheidend prägten und dazu beitrugen, dass in der Folgezeit vom „Brandenburger Weg“ gesprochen wurde. Neun Abgeordnete aus der 1. Wahlperiode, die an der Verfassung mitgewirkt haben, sitzen heute noch oder wieder im Brandenburger Landesparlament: Beate Blechinger, die sich auch sehr persönlich in dieDiskussion vor 20 Jahren eingebracht hat, Andreas Kuhnert, Stefan Ludwig, Matthias Platzeck, Britta Stark, Christoph Schulze, Gerlinde Stobrawa, Alwin Ziel und Dr. Helmuth Markov. Am 6. Juni ist Jes Möller vom Landtag zum neuen Präsidenten des Verfassungsgerichts gewählt worden. Bisherige Präsidenten des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg waren Prof. Peter Macke, Monika Weisberg-Schwarz und Rüdiger Postier.