Staatskanzlei

Zweiter Raumordnungsbericht der Länder Berlin und Brandenburg beschlossen

veröffentlicht am 18.05.2004

Potsdam/Berlin – Der zweite Raumordnungsbericht (ROB) der Länder Berlin und Brandenburg hat heute durch beide Landesregierungen die Zustimmung erhalten. Der Bericht wird nun dem Berliner Abgeordnetenhaus sowie dem Brandenburger Landtag zugestellt. Der Raumordnungsbericht gibt einen Überblick über die räumliche Entwicklung in Berlin und Brandenburg. Er enthält zusammenfassende Querschnittsinformation mit den Schwerpunkten Siedlungs- und Freiraumentwicklung, Bevölkerungsentwicklung, Verkehr, Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Infrastruktur und gibt einen Ausblick auf die Herausforderungen des demografischen Wandels und der EU-Osterweiterung. Betrachtungszeitraum des zweiten Raumordnungsberichtes sind überwiegend die räumlich bedeutsamen Entwicklungen der Jahre 1997 bis 2001. Sofern aktuellere zusammenfassende Daten vorlagen, erläutert der Raumordnungsbericht auch jüngere Entwicklungstrends, wenn sie für den Gesamtraum der Länder Berlin und Brandenburg bedeutsam sind. Grundaussagen Berlin und Brandenburg haben in den letzten Jahren einen beachtlichen Funktionswandel vollzogen: Durch den Umzug von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung nach Berlin hat der Gesamtraum einen spürbaren Entwicklungsimpuls erfahren. Im Zuge dessen haben auch zahlreiche Verbände ihre Zentralen und die meisten Staaten ihre Botschaften in die deutsche Hauptstadt verlegt. Der Metropolenraum Berlin-Brandenburg insgesamt ist durch diese Einrichtungen und die Menschen, die mit ihnen hierher gekommen sind, internationaler, multikultureller und attraktiver geworden. Insofern haben Berlin und Brandenburg damit begonnen, gemeinsam die Rolle der deutschen Hauptstadtregion auszufüllen. Der erhoffte wirtschaftliche Bedeutungsgewinn des Gesamtraumes steht jedoch noch bevor. Berlin ist der Motor des gemeinsamen Planungsraumes, ergänzt durch die Regionalen Entwicklungszentren als Stützen des ländlichen Raumes. In wichtigen Bereichen von Wirtschaft und Kultur, Bildung und Forschung sowie bei den Medien wurde die Rolle Berlins stabilisiert oder ausgebaut. Gleichwohl wird es nicht allein für die Hauptstadt, sondern für den Gesamtraum Berlin-Brandenburg entscheidend sein, inwieweit die Metropolisierung Berlins im Sinne einer Internationalisierung gelingt. Die Verflechtungen und die räumliche Arbeitsteilung zwischen Berlin und Brandenburg haben sich deutlich weiter entwickelt. In Zukunft muss das Profil aber noch ausgeprägter werden. In diesem Sinne werden auch hohe Erwartungen an die EU-Osterweiterung und die daraus folgende neue Rolle in der Mittellage Europas gestellt. Die Chancen der europäischen Metropolregion mit 6 Mio. Einwohnern dazu sind durchaus vorhanden. Im engeren Verflechtungsraum wird inzwischen ein neues Standortgefüge sichtbar. Es ist gelungen, die einzigartige und schützenswerte Raumstruktur einer kompakten Kernstadt inmitten eines dünn besiedelten Umlandes und weiten, unzerschnittenen Räumen zu erhalten. Den Zersiedlungstendenzen aus der ersten Hälfte der 90er Jahre hat die gemeinsame Landesplanung ein wirksames räumliches Ordnungskonzept gegenübergestellt. Der erfolgte Ausbau des regionalen Schienenpersonennahverkehrs trägt zur Akzeptanz der neuen Strukturen bei. Die Stabilisierung des äußeren Entwicklungsraumes bleibt eine Daueraufgabe. Die stetige Abwanderung von jungen Menschen und die hohe Arbeitslosigkeit sind die eindeutigen Anzeichen dafür, dass man sich mit dem Erreichten nicht zufrieden geben kann. Für den Umgang mit diesen Problemen werden offenkundig mehr Zeit und Kraft erforderlich sein, als zunächst erwartet wurde. Auch unter den Bedingungen des sich abzeichnenden demographischen Wandels bleibt das Prinzip der „dezentrale Konzentration“ ein wichtiges Stabilisierungs- und Entwicklungskonzept. Großräumige Trends Im Verhältnis der Länder Berlin und Brandenburg ist festzustellen, dass der Mitte der 90er Jahre angewachsene Wegzug von Berlinern ins Umland, die Suburbanisierung im Saldo wieder nachgelassen hat, mit der Folge, dass die Bevölkerungszahl im Brandenburger Teil des engeren Verflechtungsraumes heute um 180.000. Einwohner höher liegt als im Jahr 1990 und nach Höchstwerten in 1997 und 1998 von 30.000 zusätzlichen Einwohnern pro Jahr zuletzt nur noch um 12.000 Personen ansteigt. Durch Wanderungen von Brandenburg nach Berlin liegt der Abwanderungsverlust für Berlin gegenüber Brandenburg im Saldo nur noch bei 8.000 Personen und hat damit Verhältnisse erreicht, wie sie in anderen Großstadtregionen Deutschlands üblich sind. Durch gleichzeitige Fernwanderungsgewinne ist die Bevölkerungszahl in Berlin zuletzt wieder auf knapp 3,4 Mio. Einwohner leicht angestiegen. Der engere Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin bleibt damit die einzige Wachstumsregion in Ostdeutschland. Für das Land Brandenburg insgesamt ist festzustellen, dass der über Jahre durch das Wachstum im engeren Verflechtungsraum getragene Bevölkerungszuwachs seit einem Jahr erstmals ins Minus gekippt ist: Der natürliche Bevölkerungsrückgang (es werden weniger Kinder geboren als Menschen sterben) wie auch die wieder angestiegenen Abwanderungen gerade jüngerer Menschen im äußeren Entwicklungsraum konnten nicht mehr überkompensiert werden. Nach einem längeren Bevölkerungswachstum sank also die Zahl der Einwohner im Land Brandenburg unter 2,6 Mio. Einwohner. Im äußeren Entwicklungsraum ist eine deutlich ungünstigere Entwicklung zu konstatieren. Mit der insgesamt zu verzeichnenden Schrumpfung geht eine besondere Konzentration des Bevölkerungsrückgangs auf die größeren Städte einher. Einige Städte haben seit der Wende einen Bevölkerungsverlust von 30 Prozent hinnehmen müssen, ohne dass diese Entwicklung ihren Schlusspunkt erreicht hätte. Der Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum (LEP eV) als Instrument zur Steuerung der Siedlungsentwicklung in Berlin und dem Umland hat sich bewährt. 84 Prozent der Geltungsbereiche aller genehmigten Bauleitpläne liegen innerhalb der Bereiche des LEP eV, die für Siedlungsentwicklung vorgesehen sind (wobei hinsichtlich der außerhalb belegenen Pläne festzuhalten ist, dass diese Bauleitpläne auch umfangreiche Freiraumnutzungen beinhalten können). Damit ist der Anteil gegenüber dem vormals erfassten Wert von 76Prozent deutlich gestiegen. Die Siedlungs- und Verkehrsfläche, die wiederum aus erfassungsmethodischen Gründen auch Spielplätze, Parks, Sportplätze und Friedhöfe enthält, ist zwischen den Erfassungszeitpunkten 1996 und 2000 im engeren Verflechtungsraum (Berlin und Umland) um 5,8 Prozent angestiegen und liegt damit unter den Werten anderer Großstadtregionen, aber über dem Durchschnittswert der gesamten Bundesrepublik Deutschland von 4,4 Prozent. Die Konzentration der Siedlungsentwicklung auf die im LEP eV festgelegten Siedlungsbereiche hat zu einem weit gehenden Schutz des Freiraumes mit besonderem Schutzanspruch beigetragen. Dennoch konnte die Niederlassungsnachfrage stets befriedigt werden. Festzuhalten ist für Berlin wie auch für den Brandenburger Teil des engeren Verflechtungsraumes eine stärkere Konzentration auf die Weiterentwicklung und den Umbau der bestehenden Strukturen, während Großprojekte auf neu zu erschließenden Flächen nicht mehr im Mittelpunkt stehen. In Berlin ist es gelungen, Engpässe für die Entwicklung des innerstädtischen auch großflächigen Einzelhandels zu beseitigen, während im Umland keine neuen Einzelhandelsgroßvorhaben entwickelt worden sind. Zwischenzeitlich ist für nichtzentrale Standorte – auch durch Gerichtsentscheidungen – ein Moratorium eingetreten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im gemeinsamen Planungsraum betrug im Jahr 2001 insgesamt 119,8 Mrd. € (in jeweiligen Preisen). Die Wertschöpfung wurde zu zwei Dritteln im Land Berlin und zu einem Drittel in Brandenburg erbracht. Das BIP je Einwohner - als Indikator für die wirtschaftliche Leistung – nahm leicht zu. Der Abbau von Disparitäten in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen Brandenburg und Berlin ist weiter vorangeschritten, wenngleich sich das Tempo verlangsamt hat. Deutliche Strukturunterschiede beim BIP finden sich nicht nur im Zentrum-Peripherie-Vergleich. Auch zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten lassen sich Wachstumsunterschiede ausmachen. Dabei haben sich mehrheitlich die Landkreise besser entwickelt als die Städte. Allerdings ist das Pro-Kopf-BIP der Oberzentren deutlich höher als das der Landkreise: Potsdam liegt 65 Prozent, Cottbus 45 Prozent und Frankfurt (Oder) 40 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Dies bedeutet noch nicht, dass diese Städte besonders prosperieren, unterstreicht aber ihre Rolle als regionale „Leuchttürme“. Die Oberzentren sind somit Leistungsträger der Regionen. Für den Gesamtraum Berlin-Brandenburg insgesamt ist aber das BIP pro Kopf im Vergleich zu den prosperierenden Regionen Westdeutschlands und Westeuropas gesunken. Die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze im produzierenden Bereich und Dienstleistungssektor hat die Einbrüche in der Industrieproduktion und der Landwirtschaft in keiner Weise ausgleichen können, so dass die Arbeitslosigkeit trotz erheblicher Abwanderungszahlen noch angestiegen ist. Eine Stagnation des „Aufbaus Ost“ ist festzustellen. Im Gesamtraum ist der Aufbau der Infrastruktur nach Westen hin, auch durch die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit weitgehend abgeschlossen. Dadurch haben sich beispielsweise die Reisezeiten auf der Schiene zwischen Berlin und westdeutschen Großstädten seit 1989 erheblich verkürzt (nach Hamburg um 42 Prozent, nach Köln und München um 44 Prozent). Der Ausbau des Flughafens Schönefeld ist das wichtigste Infrastrukturvorhaben der beiden Länder und hat einen hochrangigen Stellenwert für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region. Die infrastrukturellen Ausgangsbedingungen für eine Einbindung der Region Berlin - Brandenburg in das westeuropäische Netz sind also günstig. Nach Osten hin ist allerdings noch Vieles zu tun. Von Seiten der Raumordnung wurden eine Vielzahl von Kooperationsstrukturen initiiert, so dass es ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis mit Polen gibt, das sich z.B. für den vorbeugenden Hochwasserschutz wie auch für die Verkehrsverknüpfung zum beiderseitigen Nutzen entwickelt. Auch mit den Metropolen des Ostseeraumes hat sich ein neues Kooperationsnetzwerk ausgebildet, welches den Ansatzpunkt für ein eigenes mittel- und osteuropäisches Entwicklungsband bietet. Im 3. Quartal 2004 wird der Raumordnungsbericht als Broschüre veröffentlicht, die von den Öffentlichkeitsreferaten der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und des Brandenburger Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung gegen eine Schutzgebühr von 15 € zu beziehen sein wird. In dieser Broschüre werden die einleitenden 60 Thesen auch in englischer und polnischer Sprache abgedruckt. Darüber hinaus wird der zweite Raumordnungsbericht kurzfristig in den Internetauftritten der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und des brandenburgischen Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung angeboten.