Staatskanzlei

Neuer Anlauf für den Standort Brandenburg

Regierungserklärung von Ministerpräsident Matthias Platzeck:

veröffentlicht am 11.12.2003

Regierungserklärung als pdf-Datei (48kb) Regierungserklärung im Wortlaut
In einer Regierungserklärung zum Thema „Standort Brandenburg“ hat Ministerpräsident Matthias Platzeck das Scheitern des Projekts einer Chipfabrik in Frankfurt (Oder) als bittere Enttäuschung nicht nur für die Region, sondern für das ganze Land bezeichnet. Gleichzeitig verwies er aber auch auf wirtschaftliche Erfolge, über die man ebenfalls reden müsse. Platzeck: „Wir müssen auch auf das hinweisen, was gelingt, um die zu bestärken, die zum Gelingen beitragen, Wir müssen unser Image aktiv prägen: nicht indem wir unsere Misserfolge bejammern, sondern indem wir unsere Erfolge herausstellen und daran anknüpfen.“ An der Chipfabrik, so Platzeck, hätten große Erwartungen auf mehr als Tausend innovative Arbeitsplätze gehangen: „ Die Idee des Projekts hat uns fasziniert. Innovative Werkstofftechnologie und Chip-Design aus Brandenburg sollten mit der Prozess-Technologie des weltgrößten Chip-Herstellers verbunden werden. Nachdem die zunächst eingeschlagene Kooperation des IHP mit Motorola beendet wurde, schien uns die Bereitschaft von Intel wie der Schlüssel zum Erfolg, um eine im Land entwickelte Technologie mit einem potenten Partner zur Marktreife zu entwickeln und dann auch auf den Markt zu bringen. Dies hätte auf einen Schlag das Bild der Region um Frankfurt nachhaltig verändert“. Als Hauptmanko hat sich nach den Worten des Ministerpräsidenten herausgestellt, dass die Finanzierung trotz des verlässlichen Engagements des Emirats Dubai nicht ausreichend gewährleistet war. Keine Bank sei bereit gewesen, ohne eine Großbürgschaft von Bund und Land die Fremdfinanzierung zu übernehmen. Am Ende seien auch die für eine solche Bürgschaft notwendigen Bedingungen vom Unternehmen nicht und vor allem nicht fristgerecht zu erfüllen gewesen. Platzecks Fazit: „Wir haben zu lange von der Hoffnung gelebt und zu spät das Risiko der Finanzierungsfrage in seiner ganzen Tragweite geklärt....Ich will es aber auch konkret mit Blick nach vorn beschreiben: Wer sich an die Landesregierung wendet, weil er investieren und Arbeitsplätze schaffen will, hat Anspruch auf eine schnelle und eindeutige Entscheidung – ja oder nein. Unbürokratisch und kompetent. Selbst ein klares Nein ist besser als keine Entscheidung oder langwieriges Lavieren.“ Vor dem Hintergrund dieser Enttäuschung müsse Brandenburg jetzt wirtschafts- und strukturpolitisch ehrlich und aufrichtig seine Position bestimmen und dann einen neuen Anlauf nehmen. Der Ministerpräsident kündigte in diesem Zusammenhang an, die Risikomaßstäbe für den Einsatz öffentlicher Mittel zu verschärfen und sich auf die Sicherung und den Ausbau funktionierender Standorte zu konzentrieren: „Dazu gehören als Kompetenzzentren die industriellen Kerne, die Hochschulen und Forschungsinstitute. Dazu gehören Netzwerke. Dazu gehören Zuliefer- und Abnehmerketten, Kooperationen von Gewerbe und Dienstleistungen.“ Dabei müsse den kleinen und mittleren Unternehmen im Land noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Sie müssten durch eine bessere Mittelstandsfinanzierung eine faire Chance zur Expansion erhalten: „Kleine und mittlere Unternehmen haben ein Potenzial, das wir zielgerichtet durch gemeinsame Arbeit entwickeln müssen....Dazu können Land und Kommunen einen mutigen Beitrag leisten, indem wir bürokratische Hemmnisse abbauen, schneller und besser werden.“ Zu den Erfolgen der Landesregierung zählte Platzeck, dass die Energiewirtschaft seit der Wende in einem mehr als eine Milliarde umfassenden Investitionsprozess modernisiert worden ist. „Wir haben dafür finanzstarke und verlässliche Investoren wie Vattenfall und E.DIS gewonnen, die sich mit Brandenburg identifizieren. Die Energiebranche als ganzes steht für 15.000 Arbeitsplätze im Land.“ Der Ministerpräsident verwies ferner auf den Aufbau einer modernen Luftfahrtindustrie in Brandenburg. Mit EKO und Riva wurde die Stahlerzeugung auf konkurrenzfähige Füße gestellt . Am Standort Schwedt wurde die mineralölverarbeitende Industrie modernisiert. Das PCK sei gesund, die Leipa Papierwerke hätten umfangreich investiert. Die optische Industrie wurde modernisiert, und die Rathenower Optischen Werken sind dank Fielmann zum Kern eines funktionierenden Netzwerks der Feinmechanik geworden. Ferner wurde der umwelttechnische Maschinen- und Anlagenbau nach Brandenburg geholt, eine Reihe erfolgreicher Recycling-Unternehmen angesiedelt und das pharmazeutische Gewerbe und die Medizintechnik in Brandenburg modernisiert und erweitert. Schließlich wurde eine moderne Medien- und Kommunikationswirtschaft aufgebaut, und der Raum Potsdam hat mit 4.000 Wissenschaftlern im Verhältnis zur Einwohnerzahl die größte Wissenschaftsdichte Deutschlands. Als weitere wichtige Investitionen nannte Platzeck u.a. die Hamburger AG in Schwarze Pumpe, die Holzwerke in Baruth und Falkenhagen, Iris-Ceramica in Vetschau, Campina in Elsterwerda und die Mineralquellen in Bad Liebenwerda. Platzeck: „Aus all diesen Gründen lohnt das Werben und Argumentieren für den Standort. Das Scheitern von zwei überwiegend privat finanzierten Projekten in Frankfurt (Oder) und in Brand und die Probleme mit einem weiteren, dem Lausitzring....darf das Image Brandenburgs nicht bestimmen. Wir sind ein Land, das in weit größerem Maße erfolgreiche Projekte vorweisen kann – vom namhaften Weltkonzern über den soliden Maschinenbauer bis zur Neugründung aus der Uni heraus. Die negative Wahrnehmung entspricht nicht der Wirklichkeit. Das kann uns nicht kalt lassen. Das geht uns alle an. Dagegen müssen wir ankämpfen.“ Platzeck kündigte in seiner Regierungserklärung auch an, dass Brandenburg seinen Einsatz bei Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung, bei Technologietransfer und Gründerförderung weiter intensivieren wird: „Wir haben deshalb den Forschungsbereich als einzigen von Kürzungen verschont. Investitionen in die Wissenschafts- und Forschungsstandorte sind gut für das ganze Land.“ Als weitere vordringliche Aufgabe bezeichnete der Ministerpräsident den Flughafen Berlin-Brandenburg-International in Schönefeld: „Wir stehen im Wort bei der Luftfahrtbranche, die immer wichtiger für die Region wird, dieses zentrale Infrastrukturvorhaben zu verwirklichen. Das Planfeststellungsverfahren muss in der ersten Hälfte des nächsten Jahres abgeschlossen sein. Bis dahin steht der Finanzplan der Flughafengesellschaft für den Ausbau. Die Verhandlungen mit unseren Partnern Bund und Berlin werden wir mit aller gebotenen Konzentration intensivieren. Mein Ziel ist ohne wenn und aber, den Erfolg des Flughafenausbaus zu sichern.“ Der Ministerpräsident bezeichnete abschließend Brandenburg als das Land der kleinen und modernen Unternehmen, die wachsen wollen und können, und das Land mit der höchsten Selbständigenquote in Ostdeutschland. Sein Fazit: „Noch leidet die Hauptstadtregion mehr als andere Länder unter der konjunkturellen Schwäche. Aber mittel- und langfristig sind die Aussichten gut. Keine ostdeutsche Region hat wie wir in der Mitte eine Metropole von 3,5 Millionen Einwohnern. Brandenburg wird es angesichts der schlechten Lage auf dem Arbeitsmarkt, der unbefriedigenden Wirtschaftslage und der angespannten Finanzen nicht leicht haben. Wir alle müssen jetzt beweisen, dass unser Land eine Zukunft hat. Wir haben keine Wahl. Wir müssen besser werden. Wir müssen für Brandenburg die Kräfte anspannen. Anpacken müssen alle. Dann schaffen wir es !“ Verantwortlich: M.Füger