Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie (MWAE)

„Zukunft der Netze – Erfolgsfaktor oder Kostentreiber für Ostdeutschland?“

Gemeinsame Pressemitteilung der Länder Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und der enviaM zum Energiepolitischen Frühstück

Berlin, 17. Juni 2015. Der Bevollmächtigte des Freistaates Sachsen beim Bund, Staatssekretär Erhard Weimann, und der Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und Stellvertretende Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Martin Dulig, waren heute Gastgeber des parlamentarischen Frühstücks zum Thema „Zukunft der Netze – Erfolgsfaktor oder Kostentreiber für Ostdeutschland?“. In der sächsischen Landesvertretung in Berlin trafen sich Spitzenpolitiker und Energieexperten aus Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt, um aktuelle energiepolitische Themen zu diskutieren.

In der Energiepolitik stehen wichtige Weichenstellungen an: In der Diskussion ist eine Reform der Netznutzungsentgelte und der Anreizregulierungsverordnung. Zum künftigen Strommarkt-Design legt das BMWi in Kürze das so genannte „Weißbuch“ vor. Außerdem ist eine Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vorgesehen. An der Diskussion nahmen Abgeordnete des Bundestags und der Landesparlamente, sowie Vertreter der zuständigen Bundes- und Landesministerien und der Energieunternehmen teil.

Neben dem sächsischen Staatsminister Martin Dulig (SPD), erläuterten Hendrik Fischer (SPD), Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Energie im Land Brandenburg, Dr. Tamara Zieschang (CDU), Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt, Tim Hartmann, Vorstandsvorsitzender der envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM) sowie Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie und Wasserwirtschaft im Rahmen einer Gesprächsrunde ihren Standpunkt.

„Unser gemeinsames Ziel ist eine wettbewerbsfähige, umweltverträgliche und sichere Energieversorgung, die vor allem bezahlbar bleibt. Die Energiewende ist eine gesamtdeutsche Aufgabe, die die Stromverteilnetze vor immense Herausforderungen stellt. Die Kosten aus dem Netzausbau und dem Netzbetrieb dürfen die Unternehmen im Osten im Wettbewerb nicht benachteiligen und die ostdeutschen Verbraucher nicht weiter belasten. Wir begrüßen daher die Ankündigung des Bundes, die Netzentgelte zu reformieren", betonte der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig im Gespräch. „Die Anreizregulierung muss einen verlässlichen Rahmen unter den Bedingungen der Energiewende bieten. Nur so kann der Um- und Ausbau der Netze effizient getätigt werden, durch den die erneuerbaren Energien integriert werden. Die bisherigen Vorschläge des Bundes für die Anreizregulierung 2.0 greifen hierfür zu kurz.“

Sachsen setzt sich gemeinsam mit Sachsen-Anhalt und Brandenburg für das Alternativmodell (Investitionskostendifferenz) ein, das der Bundesrat bereits 2013 in die Diskussion eingebracht hat. Es sorgt für eine schnellere Refinanzierung der getätigten Investitionen.

Der Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg, Hendrik Fischer, sagte: „Bei den Netzentgelten bestehen deutschlandweit erhebliche Unterschiede. Es kann und darf nicht sein, dass Wirtschaft und Verbraucher dafür bestraft werden, dass Ostdeutschland Vorreiter beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist und damit seinen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leistet. Wir fordern vom Bund eine faire Lastenverteilung bei den Kosten der Energiewende. Durch den derzeitigen Zustand mit höheren Kosten als im Westen entstehen Wettbewerbsnachteile für die ostdeutsche Wirtschaft. Zudem ist es den Menschen in Ostdeutschland nicht vermittelbar, dass sie die negativen Begleiterscheinungen der Energiewende - wie Eingriffe in Landschafts- und Kulturräume - tragen müssen, die finanziellen Vorteile jedoch überwiegend in den alten Bundesländern ankommen. Diese Benachteiligung darf es nicht länger geben.“

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsstaatssekretärin Dr. Tamara Zieschang betonte die Notwendigkeit des Ausbaus der Stromnetze: „Wer die Energiewende ernst nimmt, der muss auch dafür sorgen, dass die Netze mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt halten. Sachsen-Anhalt bekennt sich daher zum bundesweiten und europäischen Netzausbau. Das gilt auch für die geplante Gleichstrompassage Süd-Ost, die in Wolmirstedt beginnen und regenerativ erzeugten Strom nach Bayern bringen soll.“

„Für eine zukunftsfähige Ausgestaltung der Energiewende müssen wir weiter investieren. Ein moderner Investitionsrahmen, der die nötigen Spielräume und Anreize für die zwingend erforderlichen Investitionen im Netzausbau gerade bei den Verteilnetzbetreibern schafft, ist unabdingbar. Die aktuell vom Bund geplante Reform der Anreizregulierungsverordnung muss sicherstellen, dass die Netzbetreiber weiterhin in die Verteilnetze investieren können. Dafür unterstützen wir ausdrücklich das von den Bundesländern favorisierte Modell der Investitionskostendifferenz“, so Zieschang weiter.

Zieschang forderte zudem eine Reform der Netzentgelt-Struktur: „Die Lasten beim Netzausbau müssen fair verteilt werden. Die im bundesweiten Vergleich hohen Netzentgelte sind für Ostdeutschland ein echter Standortnachteil. Eine Reform zum Abbau dieser regionalen Sonderlasten ist aus Sicht des Landes überfällig. Daher sollten im ersten Schritt die auf der Verteilnetzebene vermiedenen Netzentgelte für volatil einspeisende Anlagen abgeschafft werden. Als weiterer Schritt sollten Netzentgelte der Übertragungsnetzbetreiber bundesweit vereinheitlicht werden.“

Die ostdeutschen Verteilnetzbetreiber spielen für die Umsetzung der Energiewende eine Schlüsselrolle. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist hier sehr viel weiter vorangeschritten als in anderen Regionen. Bereits heute sind die Vorgaben der Bundesregierung für das Jahr 2035 erreicht.

„Die Verteilnetzbetreiber in den neuen Bundesländern haben den Umbau der Energieversorgung technisch im Griff. Sorgen bereiten uns dagegen die politischen Rahmenbedingungen. So führt der deutlich höhere Anteil der erneuerbaren Energien in unseren Netzgebieten zu zahlreichen Sonderlasten wie etwa steigenden Aufwendungen für die Abwicklung des Netzsicherheitsmanagements. Diese Kosten werden bislang regulatorisch nicht anerkannt“, so Tim Hartmann, Vorstandsvorsitzender der envia Mitteldeutsche Energie AG.

Die Energiewende belastet auch die ostdeutschen Stromverbraucher. Aufgrund des notwendigen Netzausbaus zahlen sie um bis zu 40 Prozent höhere Netzentgelte als im Bundesdurchschnitt. Hartmann: „Dies treibt die Strompreise und ist ein Standortnachteil. Die ostdeutschen Verteilnetzbetreiber fordern deshalb von der Politik, dass ihre durch die Energiewende bedingten Mehrkosten bei der geplanten Änderung der Anreizregulierung berücksichtigt werden. Ebenso wichtig ist uns, dass die Stromverbraucher in den neuen Bundesländern bei der beabsichtigen Neuregelung der Netzentgelte entlastet werden.“