Staatskanzlei

Barrierefreie Bahnhöfe: Brandenburg startet Bundesratsinitiative zur Anpassung von Bahnsteighöhen

Zu den Ergebnissen der Kabinettssitzung teilt der stellvertretende Regierungssprecher Martin Bialluch mit:

veröffentlicht am 25.06.2019

Barrierefreiheit im Schienenpersonennahverkehr ist ein wichtiges Ziel des Brandenburger Landesnahverkehrsplans. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Bahnsteige und die Schienenfahrzeuge aufeinander abgestimmt sein. Angesichts des erreichten Ausbaustandes der Bahnsteige und der langjährig festgelegten Fahrzeugeinsatzkonzepte der Länder müssen Bahnsteighöhen von 55 und 76 Zentimeter gleichberechtigt in entsprechend abgestimmten Netzen zulässig sein. Dafür will sich Brandenburg mit einer Initiative im Bundesrat einsetzen. Einen entsprechenden Vorschlag von Verkehrsministerin Kathrin Schneider hat das Kabinett heute gebilligt.

Schneider: „Wir wollen den barrierefreien Einstieg an unseren Bahnhöfen so bald wie möglich umsetzen. Das gelingt nur, wenn wir Einstiegshöhen von 55 cm und 76 cm gleichberechtigt in miteinander abgestimmten Netzen akzeptieren. Die vom Bund festgelegte einheitliche Bahnsteighöhe von 76 cm ist in der Lebenswirklichkeit nicht vernünftig umsetzbar. Wir brauchen auch in den kommenden Jahren für die Bewältigung der Pendlerverkehre die leistungsfähigen Doppelstockzüge. Diese sind rein technisch bei einer Einstiegshöhe von 55 cm barrierefrei. Es ist auch nicht sinnvoll, auf einer Bahnstrecke mit überwiegend 55 cm hohen Bahnsteigen plötzlich die Pferde zu wechseln und die letzten beiden Bahnsteige auf 76 cm auszubauen. Wir brauchen deshalb eine gesetzliche Regelung, die auch Bahnsteige mit einer Höhe von 55 cm zulässt."

Die Debatte zur Angleichung der Bahnsteighöhen läuft seit mehreren Jahren. Der Bund hat sich dabei auf eine einheitliche Bahnsteighöhe von 76 cm festgelegt und damit die bisher abgestimmten Bund-Länder-Konzepte in Frage gestellt. Die Bundesländer unterstützen durchaus eine Vereinheitlichung der Bahnsteighöhen in Deutschland. Allerdings hat die Vereinheitlichung aus Sicht der Länder Grenzen, da eine ausschließliche Orientierung am Fernverkehr, den differenzierten Netzzuschnitten und Fahrzeugkonzepten im gesamten Land nicht gerecht wird. Im Fernverkehr ist mit Bahnsteighöhen von 76 cm und den gegenwärtig eingesetzten IC- und ICE- Fahrzeugflotten zudem keine Barrierefreiheit gegeben. Viele Bundesländer haben sich daher gegen eine derartige Festlegung ausgesprochen, auch weil die Umsetzung dieser Festlegung die bislang erreichte Barrierefreiheit in vielen Bundesländern erheblich einschränken würde.

Die Verkehrsministerkonferenz hatte im April 2019 beschlossen, den Gesetzentwurf durch Brandenburg als dem Vorsitzland des Arbeitskreises Bahnpolitik in den Bundesrat einzubringen. Ziel der Bundesratsinitiative ist, die Anforderungen an die Barrierefreiheit in das „Allgemeine Eisenbahngesetz" (AEG) aufzunehmen. Bei Neubauten oder umfassenden Umbauten von Bahnsteigen sollen deshalb die Höhen von 55 cm und 76 cm gleichgestellt werden. Über die Initiative des Landes wird der Bundesrat im Herbst abstimmen.

Hintergrund:

Neben den Stationen der Berliner S-Bahn, die historisch bedingt eine Bahnsteighöhe von 96 cm aufweisen, wird im Land Brandenburg angestrebt, Stationen ausschließlich mit einer Bahnsteighöhe von 76 cm bzw. 55 cm Höhe zu betreiben. Beide Bahnsteighöhen ermöglichen in jedem Fall die Realisierung einer barrierefreien Reisekette, wenn entsprechende Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Eine Bahnsteigkantenhöhe von 55 cm ermöglicht darüber hinaus beim Einsatz von Doppelstockfahrzeugen mit einer Einstiegshöhe von 55 cm einen stufenlosen und gleichzeitig zeitsparenden Ein- und Ausstieg.

Sofern die Infrastruktur die entsprechenden Voraussetzungen bietet, werden in Brandenburg schon heute einstöckige Fahrzeuge mit einer Einstiegshöhe von 76 cm eingesetzt - beispielsweise auf den Linien RE6, RB51, RB55, RB21 und RB22. An den Bahnsteigen mit gleicher Höhe ist der barrierefreie Ein- und Ausstieg möglich. In den kommenden Jahren sollen verstärkt die Bahnsteigkanten mit einer Höhe von 38 cm und niedriger  auf 55 cm oder 76 cm gebracht werden, je nachdem welche Fahrzeuge auf den jeweiligen Strecken fahren. Dies betrifft im Land Brandenburg etwa ein Drittel der Stationen im Regionalverkehr.

Eine Karte mit den Bahnsteighöhen der Stationen in Brandenburg finden Sie auf Seite 81 im Landesnahverkehrsplan:

https://mil.brandenburg.de/media_fast/4055/web_Landesnahverkehrsplan_2018_Endstand.pdf

Pressemitteilung als PDF (application/pdf 137.1 KB)