Staatskanzlei

MPK-Ost: Konkrete Vorschläge für nachhaltige Angleichung der Lebensverhältnisse

veröffentlicht am 02.06.2021

Die sechs ostdeutschen Bundesländer haben ihre Forderung nach einer weiteren nachhaltigen Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West mit einer Reihe von konkreten Vorschlägen untermauert. Auf ihrer Regionalkonferenz setzten heute die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und die Ministerpräsidenten Dietmar Woidke, Rainer Haseloff, Michael Kretschmer und Bodo Ramelow sowie der Regierende Bürgermeister Michael Müller vor allem auf eine vorausschauende Strukturpolitik. Mit ihrer Hilfe sollen die zu erwartenden künftigen Umbrüche und Veränderungen in ganz Deutschland so gestaltet werden, dass ein Auseinanderdriften der Lebenswirklichkeiten vermieden wird.

Die Konferenz auf Einladung von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke fand online statt und wurde mit einer gemeinsamen Beratung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Länder, Marco Wanderwitz, abgeschlossen. Woidke, der mit Merkel die Besprechung vom Kanzleramt aus gemeinsam leitete, überreichte der Bundeskanzlerin anlässlich der voraussichtlich letzten derartigen Beratung mit ihr ein 28-seitiges Erinnerungsbuch mit Fotoimpressionen von den MPK-Ost-Treffen aus den 16 Jahren ihrer Amtszeit.

Woidke: „Die Bilder zeigen: Es ist viel passiert, aber ein Thema hatte Bestand: die ostdeutschen Länder gemeinsam voranzubringen. Heute erlebten wir eine Zäsur: Es war voraussichtlich das letzte Treffen in diesem Format mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihr gilt unser Dank für 16 Jahre enge Zusammenarbeit im Interesse der ostdeutschen Länder. Es waren oft harte, aber immer zielorientierte Verhandlungen - und über Parteigrenzen hinaus. Eine Zäsur auch, weil es das erste Treffen nach den Feiern zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit in Potsdam und den wertvollen Empfehlungen der Kommission ´30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit´ war. Zugleich endet im September die Legislaturperiode des Bundes. Aus Verantwortung für die Interessen der Ostdeutschen in unserem föderalen Staat haben wir das zum Anlass genommen, Vorschläge für das weitere Zusammenwachsen in Deutschland vorzulegen. Sie sollen in die Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung einfließen."

Der Vorschlag der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit" für die Errichtung eines „Zukunftszentrums für Europäisch Transformation und Deutsche Einheit" wird von den ostdeutschen Ländern unterstützt. Es geht ihnen dabei vor allem um eine wissenschaftliche und gesellschaftliche Auswertung und Nutzung von Veränderungserfahrungen für heutige und künftige Generationen. Ausdrücklich begrüßt wird, dass in Kürze ein Umsetzungskonzept vom Bund vorliegen und ein Wettbewerb zur Standortwahl für das Zentrum starten sollen. Die Anregung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für einen zentralen Gedächtnisort zur Erinnerung an die Freiheits- und Demokratieimpulse der Friedlichen Revolution von 1989 wird ebenfalls unterstützt.

Die ostdeutschen Bundesländer bekennen sich klar zu Weltoffenheit und Toleranz und sprechen sich gegen jede Form von Extremismus aus. Woidke: „Für die Ideale der Revolution mit dem Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie müssen wir auch heute jeden Tag eintreten - vor allem gegen jene, die die geschichtlichen Realitäten umdeuten wollen."

Der Schwerpunkt der Beratungen mit der Kanzlerin lag auf einer vorausschauenden Strukturpolitik. Gerade die positiven Erfahrungen mit Fachförderprogrammen zum Beispiel für Infrastruktur, Wohnungsbau und die Beseitigung ökologischer Altlasten, aber auch mit dem Solidarpakt I und II unterstreichen die Tauglichkeit dieser Instrumente zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen, so die Regierungschefin und die Regierungschefs der ostdeutschen Länder. Sie haben an die künftige Bundesregierung die Erwartung, z.B. wachsende innovative Unternehmen zu unterstützen, die schon aufgrund ihrer Größe nicht selbst in der Lage sind, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Zu dieser vorausschauenden Politik gehört auch, die Anstrengungen von Bund und Ländern beim Ausbau der digitalen Infrastruktur zu erhöhen und in digitale Infrastrukturen zu investieren.

Die Regierungschefin und Regierungschefs sprechen sich nachdrücklich für die Errichtung einer durchgängigen Wasserstoff-Infrastruktur aus, um so die ostdeutschen Wasserstoffregionen zu verbinden. Damit kann ein wesentlicher Beitrag zu den geänderten Klimazielen der Bundesregierung zum Ziel der Klimaneutralität geleistet werden. Eine solche Infrastruktur ist auch Voraussetzung für die notwenige Ansiedlung effizienter und CO2-freier Industrien und damit sicherer moderner Arbeitsplätze in Ostdeutschland.

Die ostdeutschen Länder dringen darauf, dass sie bei Standortentscheidungen von Bundesbehörden, EU-Institutionen und Forschungseinrichtungen stärker berücksichtigt werden. Zwar seien in jüngster Zeit einige Einrichtungen in den ostdeutschen Ländern angesiedelt worden, jedoch bestehe weiter Nachholbedarf - zumindest solange, bis „eine im Verhältnis zur Einwohnerzahl annähernd gleiche Verteilung von Arbeitsplätzen in Ost und West vorliegt", wie es in dem Beschluss heißt. Auch von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erwarten sie, „künftig einen höheren Anteil ihrer Gemeinschaftseinrichtungen im Osten zu verorten".

Außerdem fordern sie von der neuen Bundesregierung ein Konzept mit Vorgaben, damit „Ostdeutsche in Führungspositionen künftig ungefähr entsprechend ihres Bevölkerungsanteils vertreten sind". Der Vorschlag der Einheitskommission, dafür ein „Begabtenförderungsnetzwerk Ostdeutschland" zu gründen, wird begrüßt.

Die ostdeutschen Regierungschefs wollen mit Unterstützung des Bundes und der Wirtschaft das „Ostdeutsche Wirtschaftsforum" zu einem Internationalen Wirtschaftsforum in Ostdeutschland weiterentwickeln, um dadurch insbesondere strukturschwache Regionen und die Internationalisierung der ostdeutschen Wirtschaft zu unterstützen.

Zudem setzte sich die Konferenz dafür ein, dass „Verfolgte und Opfer aus der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR auch zukünftig noch besser gewürdigt und unterstützt werden".

Gerade die ostdeutschen Länder (insbesondere die Grenzländer Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern) sorgen dafür, dass sich die Afrikanischen Schweinepest möglichst nicht weiter in Deutschland ausbreitet. Diese Anstrengungen werden langfristig aber nur erfolgreich sein, wenn es gemeinsam mit dem Nachbarland Polen gelingt, wirksame Bekämpfungsmaßnahmen umzusetzen. Insbesondere muss weiterhin verhindert werden, dass es zu einem Eintrag in den Hausschweinbestand kommt.

Woidke: „Von der Afrikanische Schweinepest sind alle schweinhaltenden Betriebe in Deutschland betroffen. Deshalb ist es auch eine gesamtdeutsche Aufgabe. Es muss ein gemeinsamer Kampf von Bund und Ländern werden und dafür brauchen wir auch die Unterstützung der europäischen Kommission. Die ASP und ihre Folgen machen an Ländergrenzen nicht Halt und werden uns und die betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe noch weit ins Jahr 2022 begleiten. Daher braucht es eine noch aktivere Unterstützung des Bundes."

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