Staatskanzlei

Strukturstärkung in Meilenschritten / Lausitz ist und bleibt Energieregion / Viele neue Arbeitsplätze

veröffentlicht am 30.11.2023

Cottbus, Hauptstadt der brandenburgischen Lausitz, ist zum Zentrum von Strukturwandel und Strukturstärkung geworden. Hier werden innovative und wirtschaftsstarke Projekte realisiert, um den Ausstieg aus der Braunkohle und den Einstieg in neue, zukunftsfeste Industrie- und Wissenschaftsstrukturen zu schaffen. Über den Arbeitsstand einiger dieser Vorhaben, die schon sehr greifbar und sichtbar sind, informierte sich heute Ministerpräsident Dietmar Woidke gemeinsam mit dem Lausitzbeauftragten Klaus Freytag und Heiko Jahn, dem Geschäftsführer der WRL (Wirtschaftsregion Lausitz GmbH).

Insgesamt stehen der brandenburgischen Lausitz auf der Grundlage des Investitionsgesetzes für die Kohleregionen 10,3 Milliarden Euro für die Strukturentwicklung zur Verfügung.

Woidke: „Mit der Kraft der gesamten Region und natürlich mit großer Unterstützung des Bundes haben wir es in kurzer Zeit geschafft, Projekte auf den Weg zu bringen, die die Lausitz in eine sichere Zukunft führen werden. Mit neuen Wirtschaftsansiedlungen in Cottbus, Guben, Schwarze Pumpe, Schwarzheide, Lübbenau und weiteren Orten schaffen wir neue, gut bezahlte Industriearbeitsplätze. Es geht aber noch um mehr: Wir verbinden Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, um neue moderne Wertschöpfung und Innovationen in die Lausitz zu bringen. Wir bringen Wachstum, Wohlstand und Sicherheit zusammen.“ 

Eines der wichtigsten Projekte ist das neue Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn AG direkt am Cottbuser Hauptbahnhof, in dem künftig Fahrzeuge der neuen ICE-4-Flotte gewartet werden. Die erste Halle des Werkes soll nach einer Bauzeit von unter zwei Jahren bereits am 8. Januar 2024 in Betrieb gehen. Zunächst sind rund 400 Industrie- und Ausbildungsplätze vorgesehen. Im Endausbau 2026 sollen es 1.200 sein – und das zwei Jahre früher als ursprünglich geplant. Insgesamt wird etwa eine Milliarde Euro investiert.

Das frühere Bahninstandhaltungswerk am Standort sollte noch bis vor wenigen Jahren geschlossen und weitgehend alle Arbeitsplätze gestrichen werden. Heute ist der Standort Cottbus gesichert.

Woidke: „Wir haben es geschafft, dass unser neues Bahninstandhaltungswerk nach einer Bauzeit von weniger als zwei Jahren in Betrieb gehen kann. Es ist das modernste in Europa. Inmitten der Stadt macht es den Strukturwandel besonders sicht- und erlebbar. Das Beispiel zeigt aber auch, dass kurze Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungszeiten möglich sind, wenn alle Beteiligten ein Ziel haben und alle Räder ineinandergreifen. Ich danke allen Beteiligten für diese großartige Leistung. Es hat sich für die Unternehmen und vor allem die Menschen in der Lausitz gelohnt, dass wir im Jahr 2019 in Berlin hart gerade um dieses Projekt gekämpft haben. Hier wird nicht nur mit neuen Methoden und innovativen Materialien gebaut. Der Einbau modernster und auf den ICE-4 exakt zugeschnittener Technik reduziert auch die Instandhaltungszeiten und die Züge stehen schneller wieder zur Verfügung. Das ist effizient und klimafreundlich zugleich.“

Die deutlich frühere Inbetriebnahme des ICE-Werks als ursprünglich geplant geht auf verschiedene Faktoren zurück: Die DB AG hat für die Planung und Realisierung ein neues, kooperatives Verfahren (Allianzmodell Schiene) umgesetzt, das eine schnelle Prozessentwicklung, teamorientiertes Agieren der Partner und kurze Abstimmungswege gewährleistet. Darüber hinaus haben alle Beteiligten bei den erforderlichen Abstimmungen zu den Genehmigungsverfahren eng und sehr konstruktiv zusammengearbeitet. Dazu beigetragen hat auch die in der Staatskanzlei eingerichtete Task Force unter Leitung von Ministerpräsident Woidke und DB-Vorständin Daniela Gerd tom Markotten.

Für die umfangreichen Betonarbeiten wurde ein Verfahren eingesetzt, das von dem 2018 gegründeten Cottbuser Start-up-Unternehmen Sonocrete GmbH entwickelt wurde: Dadurch werden Trocknungsprozesse deutlich beschleunigt und die CO2-Emissionen um etwa 30 Prozent reduziert, erklärte German Linz, CTO von Sonocrete, beim Besuch der neuen ICE-Halle.

Bei der Fachkräftegewinnung und Ausbildung kooperiert die Deutsche Bahn AG mit der LEAG, dem Kohle- und Energiekonzern in der Lausitz, wie Marc Herrmann, Projektleiter des Bahnwerkbaus, erläuterte. Die jungen Frauen und Männer werden im Ausbildungszentrum der LEAG am Standort des Kraftwerks Jänschwalde ausgebildet (siehe auch nachfolgend).

Der Cottbuser Hauptbahnhof ist nicht nur Mobilitätsdrehscheibe und Arbeitsort, sondern mit dem „Prima Wetter“ und dem „Großenhainer Bahnhof“ auch ein Ort der Entspannung und Kultur.  Das Gebäude in Backsteinarchitektur, das 1862 in Betrieb genommen und bis Anfang der 1990er Jahre in verschiedenen Funktionen für den Eisenbahnbetrieb genutzt wurde, liegt direkt gegenüber dem neuen Bahninstandhaltungswerk.

Hier hat sich in den vergangenen Jahren eine bunte Lausitzer Kulturszene entwickelt, die insbesondere für das junge Publikum attraktiv ist. Laura Staudacher von Junge Lausitz e.V. setzt sich dafür ein, dass sich junge Lausitzer und Lausitzerinnen auf vielfältige Weise im Prozess des Strukturwandels einbringen können.  Von hier aus ist es nicht weit bis zu dem im Jugendstil erbauten Staatstheater, in dem in diesem Herbst das 1991 begründete Filmfestival Cottbus eröffnet wurde. Es ist führend für die Präsentation des osteuropäischen Films, so Programmdirektor Bernd Buder.

Mit der Kampagne Die Lausitz. Krasse Gegend. wirbt die Staatskanzlei gemeinsam mit der WRL insbesondere um junge Menschen und Zuzug. Darüber hinaus werden fünf Willkommens- und Rückkehrerinitiativen, die in der gesamten Lausitz aktiv sind, mit rund 803.000 Euro in diesem Jahr gefördert. Hintergrund ist unter anderem der erhebliche Fachkräftebedarf. Woidke: „Einst sind die Menschen abgewandert, weil es in unserer Lausitz keine Jobs mehr gab, jetzt suchen wir dringend Nachwuchs. Jetzt gibt es beste Arbeitsplatzchancen in der Heimat Brandenburg. Die Zeiten ändern sich – und zwar zum Guten! Ich bin sicher, dass Cottbus alles tut, um mit einer freundlichen und weltoffenen Willkommenskultur die nötigen Fach- und Arbeitskräfte einzuladen und zu halten und damit all die neuen Chancen zu nutzen. Das heißt zugleich: Klare Kante gegen Rechtsextremismus!“

WRL-Chef Heiko Jahn: „Ich bin froh, dass wir mit der Wirtschaftsregion Lausitz seit Mitte 2020 bereits 68 Landesprojekte qualifizieren konnten. Ergänzt werden die Investitionen in Infrastruktur und Gebäude durch das Förderprogramm STARK, das Konzepte und Personalstellen unterstützt. So stellen wir sicher, dass die Lausitz umfassend vom Strukturwandel hier profitiert. Lausitzer und Lausitzerinnen sowie Zuzügler finden immer häufiger direkt vor der Haustür hochwertige Arbeitsplätze und können die hohe Lebens- und Freizeitqualität unserer Region genießen. Mit unserer Kampagne ‚Krasse Lausitz‘ wollen wir auch den Stolz der Lausitzer auf die gelingende Veränderung wecken.“

Wissenschaft und Forschung sind wesentlicher Bestandteil der Strukturentwicklung und Transformation in der Lausitz. Durch die Ansiedlung zahlreicher wissenschaftlicher und forschender Einrichtungen ist Cottbus dabei das Zentrum der dynamischen Entwicklung. Ein entscheidender Dreh- und Angelpunkt ist die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU-CS) im Norden der Stadt. Unter ihrer Federführung entsteht auf einem früheren NVA-Militärgelände in Nachbarschaft der BTU mit dem Lausitz Science Park (LSP) eine Innovationslandschaft mit internationaler Strahlkraft. Zur Entwicklung des herausragenden Strukturprojektes haben das Land, die Stadt und die Universität die gemeinsame Task Force Lausitz Science Park gegründet

Der LSP ist eines der Kernprojekte des Strukturwandels und wird künftig durch den Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft neue Wertschöpfungsketten befördern. Woidke: „Wir sehen hier das Potenzial für mehrere Tausend attraktive neue Arbeitsplätze – und zwar in Themenfeldern, die für die Zukunft der Lausitz stehen – von Energiewende über Life Sciences, Transformation, klimaneutrale Mobilität bis Künstliche Intelligenz.“

Dazu gehört der Leichtbau als komplexe Querschnittsaufgabe, wie Professor Holger Seidlitz von der BTU erläuterte. Die Leichtbauforschung auf dem Gebiet der Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) ist an der BTU ein erfolgreicher Schwerpunkt und wird in der Lausitz zu einer neuen Industriebranche entwickelt.

Von besonderer Bedeutung ist dabei auch das Center for Hybrid Electric Systems Cottbus (chesco) in Cottbus-Dissenchen. Dort wird an hybriden und elektrischen Antrieben für den Flugverkehr geforscht, um klimaschädliches CO2 zu vermeiden. Das Projekt wird auf andere Bereiche der Mobilität erweitert, so Heiko Witte von chesco. Es wird aus den Mitteln des Kohleausstiegs von Bund und Land mit rund 238 Millionen Euro gefördert. Partner von chesco sind unter anderem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die APUS Group sowie weitere Luft- und Raumfahrtunternehmen.

Eines der zentralen Zukunftsprojekte ist die künftige medizinische Hochschulausbildung in Cottbus in Kooperation mit dem dortigen Carl-Thiem-Klinikum. Es soll weit über eine reine Universitätsmedizin hinausgehen und die gesamte Lausitz einschließlich dem nördlichen Sachsen als Modellregion Gesundheit erreichen. Die Digitalisierung spielt dabei eine zentrale Rolle. Bereits zum Wintersemester 2026/2027 sollen die ersten Studierenden mit ihrem Studium in Cottbus beginnen. Woidke: „Damit wollen wir auch Medizinernachwuchs für Brandenburg insbesondere mit seinen ländlichen Regionen gewinnen.“

Der Tagebau Jänschwalde wird am 22. Dezember seinen Betrieb einstellen und in die bis Frühjahr 2024 andauernde Auslaufphase übergehen. Es folgen die Gestaltung der Bergbaufolgelandschaft, der Rückbau von technischen Anlagen und die Herstellung künftiger Infrastrukturen. Seit 47 Jahren haben Tagebau und Kraftwerk Jänschwalde Brandenburg, Berlin und weitere Teile von Deutschland zuverlässig und sicher mit Energie versorgt.

Die verbleibenden Blöcke des Kraftwerks werden künftig über den Verbund der drei Lausitzer Tagebaue Welzow-Süd, Nochten und Reichwalde gespeist. Die vom Bergbau in Anspruch genommenen Flächen werden in den kommenden Jahren wiederhergestellt und eine nachhaltige, zukunftsträchtige Landschaft gestaltet. Auf geeigneten Flächen sollen Windkraft- und PV-Anlagen errichtet werden. Diese Vorhaben sind Teil der von der LEAG betriebenen Transformation der Energieversorgung weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbarer Energie und damit Teil der Transformation der Lausitz insgesamt.

Rund 500 junge Frauen und Männer werden derzeit bei der LEAG in Berufen wie Mechatroniker, Elektroniker für Betriebstechnik, Industriemechaniker und Eisenbahner im Betriebsdienst, Vermessungstechniker, Brunnenbauer und Industriekaufmann, aber auch in dualen Studiengängen wie Bachelor of Green Engineering und Bachelor für IT und Elektrotechnik ausgebildet. Die Ausbildung erfolgt in den Ausbildungsstätten Schwarze Pumpe und Jänschwalde. In Jänschwalde werden derzeit auch Fachkräfte für das neue ICE-Werk in Cottbus ausgebildet, wie LEAG-Personalvorstand Jörg Waniek und die Personalleiterin des Bahn-Instandhaltungswerkes, Janet Jurk, berichteten.

Basis ist eine Ausbildungskooperation der beiden Unternehmen. Perspektivisch soll die Ausbildungsstätte von der Bahn übernommen werden, um dort für ihren Bedarf auszubilden. Klaus Freytag, Lausitz-Beauftragter des Ministerpräsidenten: „Vor einigen Jahren haben hier junge Menschen aus Furcht vor Jobverlust und Zukunftssorgen noch demonstriert. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet und wir suchen dringend Nachwuchs.“

Ministerpräsident Woidke ist am Rand des Tagebaus aufgewachsen und sagte: „Wir Lausitzer haben über Jahrzehnte das Schürfen der Bagger gehört. Jetzt haben wir die Chance umzusteigen. Wir müssen dabei die Menschen mitnehmen und dafür sorgen, dass Strom aus den Erneuerbaren günstiger wird. Deshalb müssen wir regionale Versorgungskonzepte durchsetzen und dafür sorgen, dass die bei uns ungerecht hohen Netzentgelte abgesenkt werden. Der Bund muss handeln. Die Gespräche dazu laufen.“

Zu den Forderungen nach einem früheren Kohleausstieg stellte Woidke klar: „Wir dürfen nicht an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen. Wir brauchen Planbarkeit und eine sichere Versorgung mit bezahlbarer Energie für alle, und das an 365 Tagen im Jahr. Wir brauchen eine Strukturentwicklung in der Lausitz mit neuen und sicheren Industriearbeitsplätzen. Wir brauchen einen geregelten Ausstieg aus der Braunkohle, damit die Finanzierung der Bergbaufolgelandschaft und die Sanierung des Wasserhaushaltes gesichert sind. Nur, wer das liefert, kann früher aussteigen. Aber bisher liefert das niemand.“

Hintergrund:

Insgesamt stehen der brandenburgischen Lausitz 10,3 Milliarden Euro für die Strukturentwicklung vom Bund zur Verfügung. Über den Arm 1 (Landesprojekte) wurden bereits 1,4 Milliarden Euro und über den Arm 2 (Bundesprojekte) 6,6 Milliarden Euro gebunden.

Mit dem sogenannten Arm 1 werden über Landesprojekte aus der Bundesförderung mehr als 3,6 Milliarden Euro umgesetzt. Dabei wurden über den Werkstattprozess in zweieinhalb Jahren 68 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 1,7 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Dazu gehören Projekte aus den Bereichen Wirtschaft und Bildung ebenso wie Kultur und Freizeit. In den Werkstätten zu den Arm-1-Projekten bringen über 80 Institutionen, Netzwerke und Zivilgesellschaft ihren Sachverstand ein, um sie zu qualifizieren und auch zu initiieren. Sie unterstützen den Wandel der Lausitz von einer fossilen zu einer nachhaltigen Energieregion. Die Werkstätten werden von ehrenamtlichen Sprechern geleitet.

Über den sogenannten Arm 2 setzt der Bund weitere Projekte für die Lausitz um. Dazu stehen bis 2038 mehr als 6,7 Milliarden Euro bereit. Prominenteste Beispiele sind das künftige ICE-Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn mit 1.200 Industriearbeitsplätzen (Inbetriebnahme erste Halle im 1. Quartal 2024), das Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus (IUC) oder der Lausitz Science Park (LSP) mit seinen Kernprojekten, zu denen unter anderen das Zentrum für hybridelektrisches Fliegen (chesco) und das Energie Innovationszentrum (EIZ) gehören.

Hinweis:

Am 16. Januar stellen sogenannte „Neue Lausitzer Köpfe“ auf einer Abendveranstaltung mit Ministerpräsident Dietmar Woidke in der Landesvertretung Brandenburg beim Bund ihre Projekte vor.

 

Weitere Infos:  

www.krasse-lausitz.de

https://wirtschaftsregion-lausitz.de/aktuelles/downloadcenter (digitale Pressemappe, downloadbar bis 8. Dezember 2023)

www.leag.de

 

Pressemitteilung als PDF (application/pdf 291.7 KB)