Rede von Ministerpräsident Woidke im Landtag
veröffentlicht am 24.09.2025
Rede von Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke anlässlich der Feierstunde „35 Jahre Landtag Brandenburg“ – es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke
Sehr geehrter Herr Präsident des Verfassungsgerichts Markus Möller
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete
Liebe Gäste,
das Beste, das Brandenburg zu bieten hat, sind die Menschen im Land.
Alles, was wir in den vergangenen 35 Jahren erreicht haben, haben die Brandenburgerinnen und Brandenburger mit ihrer Hände Arbeit möglich gemacht. Ausgehend von den schwierigen Anfangsjahren bis zu dem erfolgreichen Land, das wir heute sind, sind es die Menschen selbst, die unser Brandenburg aufgebaut haben. Wir sind wirtschaftlich erfolgreich. Wir haben eine aktive Zivilgesellschaft. Und die Menschen bestätigen uns immer wieder, dass sie gerne in diesem Land leben – schließlich sind wir das Zuzugsland Nummer eins in ganz Deutschland. Wir können deshalb feststellen: Herzlichen Glückwunsch an die Brandenburgerinnen und Brandenburger für diese große Gemeinschaftsleistung, herzlichen Glückwunsch zu dieser Erfolgsgeschichte! Darauf können wir gemeinsam stolz sein. Wir können gerade deshalb stolz sein, weil es eben kein einfacher Weg war.
Viele von Ihnen können sich sicher noch gut daran erinnern:
Die extrem hohe Arbeitslosigkeit. Die Jahre, in denen viele Menschen aus den neuen Bundesländern insgesamt weggezogen sind, um woanders Perspektiven zu finden. Es war eine schwierige Zeit für alle Brandenburgerinnen und Brandenburger, doch mit Mut und Leidenschaft haben wir Brandenburg zu dem gemacht, was es heute ist. Heute können wir sagen: Wir haben unseren Weg gefunden und darauf sind wir Brandenburger stolz.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Deutsche Einheit ist ein großer Erfolg. Aber dennoch ist sie keine reine Erfolgsgeschichte.
Wir sollten und wir müssen sie auch kritisch betrachten. Rückschläge, Niederlagen und Fehler gehören zu unserem Weg dazu. Entscheidend ist, dass wir daraus gelernt haben. Das Zusammenwachsen von Ost und West war kein Selbstläufer. Es hat Kraft und Zeit gekostet – und das wird auch eine Zeit lang so bleiben. Es ist ein Prozess. Und dabei ist entscheidend, dass wir ihn gemeinsam gestalten - mit Entschlossenheit, ohne Scheuklappen und ohne Vorurteile.
35 Jahre Land Brandenburg, das ist eine gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen, aber nicht nur zurückzuschauen. Stattdessen will ich Ihnen drei Beispiele aufzeigen, wie sich unser Land besonders fit macht für die Herausforderungen der Zukunft. Drei Beispiele bei denen wir heute sagen können, was unser Brandenburg nach 35 Jahren so besonders macht und wo wir uns für die kommenden Jahre gut aufstellen. Denn Stolz und Zufriedenheit über das Erreichte bedeuten eben nicht Stillstand. Und wo könnte man da besser beginnen als in der Wissenschaft.
Mit der Medizinischen Universität Lausitz sind wir gerade dabei, eine komplett neue Universität aufzubauen. Gegründet im Juli 2024 werden im Winter 2026 dort die ersten jungen Menschen beginnen, Medizin zu studieren. Weitere 36 Studiengänge rund um die Gesundheitswissenschaften werden folgen.
Warum ist diese Universität so wichtig für Brandenburg? Es gibt zahlreiche Gründe:
Brandenburg ist das einzige deutsche Flächenland, das bisher keine eigene staatliche Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern hat. Ja wir haben unsere MHB, die seit vielen Jahren als nichtstaatliche Einrichtung erfolgreich junge Medizinerinnen und Mediziner ausbildet und dies mit unserer Unterstützung auch weiter tun wird. Für die MHB wird die Medizinische Universität Lausitz keine Konkurrenz sein, sondern eine sinnvolle Ergänzung. Wir sorgen dafür, dass der von uns benötigte Nachwuchs an Ärztinnen und Ärzten auch in Brandenburg ausgebildet wird. Wir schaffen Perspektiven für junge Menschen aus unserem Land, die ihre Zukunft hier suchen und die zum Studium nicht wegziehen wollen.
200 Studierende pro Semester sollen es insgesamt werden, in der Region werden zudem 1.300 neue Arbeitsplätze durch die Universität entstehen. Gleichzeitig schaffen wir mit der Integration des Carl-Thiem-Klinikums als Universitätsklinikum einen starken Anker für die Gesundheitsversorgung in der Region. Ein Anker ist die neue Universität aber auch für die Strukturentwicklung der Lausitz insgesamt.
Die Universität trägt dazu bei, dass wir einen aktiven Strukturwandelprozess und eben keinen Strukturbruch erleben. Die Gesundheitswirtschaft ist eine echte Wachstumsbranche. Hier entstehen viele neue Arbeitsplätze – und die Medizinische Universität Lausitz wird dieser Entwicklung einen starken Schub geben.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin überzeugt davon, dass wir in Brandenburg auch wirtschaftlich sehr gute Voraussetzungen haben, um unsere Herausforderungen zu bewältigen. Brandenburg war Energieland, Brandenburg ist Energieland und Brandenburg wird auch Energieland bleiben. Genau das hat uns für viele Unternehmen attraktiv gemacht. Wir müssen aber auch Anpassungen vornehmen.
Denn die wirtschaftliche Transformation, unser Weg in die Zukunft, kann nur gelingen, wenn Strom bezahlbar bleibt – bezahlbar für die Wirtschaft, aber eben auch für die privaten Haushalte. Daran arbeiten wir und wir werden nachbessern. Zu dem was bereits heute möglich ist, empfehle ich einen Blick in den Verkehrssektor: In Grünheide werden Woche für Woche rund 5.000 E-Autos hergestellt. Ab Oktober produziert Tesla auch die Batterien selbst. Die BASF stellt in Schwarzheide, in einer der modernsten Fabriken, die Materialien für solche Batterien her. Und die BASF hat gleich noch eine Recyclinganlage gebaut und ermöglicht so eine Kreislaufwirtschaft.
Und wenn wir dann noch von der Straße in die Luft blicken, sind wir ganz schnell bei Rolls-Royce. Rolls-Royce kann in Dahlewitz von der Entwicklung über die Testung bis zur Montage die komplette Wertschöpfungskette für den Bau von Flugzeugtriebwerken mit den erforderlichen Zertifikaten abbilden. Und zwar: komplett autonom. Das kann sonst niemand in Deutschland. Bei Rolls-Royce ist dazu der Traum vom nachhaltigen Fliegen kein ferner Traum mehr. Dort werden heute schon Triebwerke entwickelt, die zu 100 Prozent mit synthetischen Kraftstoffen fliegen können.
Und wenn Sie sich jetzt fragen, wer denn klimaneutrales Kerosin herstellen wird, dann lautet die Antwort: Unser PCK. Die Raffinerie will das ab 2030 ermöglichen. Das alles ist Zukunft made in Brandenburg – und es sind nur Beispiele, die sich vielfach ergänzen lassen, auch aus ganz anderen wirtschaftlichen Bereichen. Deshalb bin ich auch dankbar, dass die neue Bundesregierung die Zeichen der Zeit erkannt hat. Umfangreiche Investitionen sind jetzt möglich und wir in Brandenburg, im Land genauso wie in den Kommunen, werden tun, was wir können, um sie erfolgreich bei uns umzusetzen. Auch das geht nur gemeinsam.
Sehr geehrte Damen und Herren,
aber alle diese Mutmacher brauchen ein gutes, motivierendes Umfeld. Sie brauchen eine Gesellschaft, die zusammenhält, eine Gesellschaft, die sich wohlfühlt. Es macht mir große Sorge, dass Hass und Hetze sich immer weiter ausbreiten. Und es macht mir große Sorge, dass unterschiedliche Meinungen häufig nicht mehr zu produktiven Diskussionen führen, sondern zu unversöhnlichem Streit.
Verstehen Sie mich nicht falsch:
In 35 Jahren Brandenburg gab es immer ein Ringen um den richtigen Weg.
Aber wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Gesellschaft komplett auseinandertreibt und unser gutes Miteinander gefährdet wird. Denn was wir in 35 Jahren geleistet haben, ist nur möglich geworden, weil sich Menschen mit verschiedensten Meinungen auf das Wesentliche konzentriert haben: Das Wohl der Menschen in unserem Land Brandenburg.
Damit komme ich zu einem weiteren Beispiel, das mir Mut für die Zukunft macht. Es sind die Menschen, die diese Spaltung nicht wollen und die aktiv dagegenwirken. Damit meine ich die vielen Brandenburgerinnen und Brandenburger, die sich ehrenamtlich engagieren. Egal wo: Im Sportverein, bei der Freiwilligen Feuerwehr oder im Hospizdienst, aber auch bei Initiativen, die sich für die Demokratie und Miteinander einsetzen. Egal wo Menschen sich im Ehrenamt zusammenfinden: Es geht um ein Miteinander, dass das Leben vor Ort besser macht. Dieses Engagement zeigt, wie sehr sich die Menschen mit ihrem Land identifizieren. Wie sehr sie ihre Heimat im Herzen tragen und sich dafür stark machen.
All diese Menschen tolerieren und respektieren Verschiedenheit und sind geeint in ihrer Leidenschaft für das, was sie in ihrer Freizeit miteinander teilen und erreichen. Diese Menschen sind der wahre Reichtum unseres Landes. Ihnen zur Seite zu stehen, eint auch die große Mehrheit der politischen Kräfte in unserem Land.
Das alles,
sehr geehrte Damen und Herren,
zeigt mir, dass wir in Brandenburg mit Optimismus in die Zukunft schauen können. Wir gemeinsam, die Alteingesessenen wie die Zugezogenen, von der Lausitz bis in die Prignitz, von der Uckermark bis ins Havelland, haben in den vergangenen 35 Jahren ein großartiges Land aufgebaut. Ein Land zum Leben und ein Land zum lieben. Ein Land mit Chancen und ein Land, auf das wir alle stolz sein können, weil wir alle einen Anteil daran haben. Und wir wissen, dass es gerade es unser sprichwörtlicher Brandenburger Zusammenhalt ist, der die feste Basis für die weitere gute Entwicklung unseres Landes darstellt. Und das stimmt mich, bei allen Herausforderungen vor denen wir stehen, optimistisch für die nächsten 35 Jahre unseres Landes.