Staatskanzlei

Ministerpräsident Platzeck: Ostdeutsche Klein- und Mittelständler brauchen dringend Kapital

veröffentlicht am 12.11.2003

Ministerpräsident Matthias Platzeck fordert angesichts der desolaten Finanzlage vor allem der ostdeutschen kleinen und mittleren Unternehmen, traditionelle Finanzierungsmuster auf den Prüfstand zu stellen. Auf der Sitzung des Kuratoriums RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V. regte Platzeck am Mittwoch in Berlin an, die Steigerung der Eigenkapitalquote sowie die Erschließung alternativer Finanzierungsquellen in den Mittelpunkt zu rücken. Der Ministerpräsident verspricht sich davon unter anderem, die Verhandlungsposition des Mittelständlers gegenüber der Hausbank zu verbessern. Platzeck äußerte sich außerordentlich besorgt über die Finanzierung des Mittelstands vor allem in Ostdeutschland. Trotz aller Bemühungen gebe es sogar Anzeichen dafür, dass sich die Investitionsbedingungen in bestimmten Branchen eher noch verschlechtert hätten. Als Gründe nannte Platzeck eine „existenzgefährdende Eigenkapitalschwäche“, die mangelnde Einbindung von Ostbetrieben in unternehmerische Netzwerke und den schwachen Zugang zu überregionalen Märkten. Kritisch setzte sich Platzeck mit dem Verhalten einzelner Banken auseinander: „Die brandenburgischen Unternehmen berichten mir immer wieder darüber, dass Kreditlinien fristlos gekündigt werden und dass es nahezu unmöglich geworden ist, die von den Banken geforderte Bonität nachzuweisen. Sie klagen über mangelnde Risikobereitschaft von Kreditinstituten, aber auch über fehlendes Verständnis bei der Bewertung von Unternehmenskonzepten. Auch der Zugang zu öffentlichen Fördermitteln ist wegen des grundsätzlich praktizierten Hausbankprinzips vielfach versperrt.“ Ein Grund für diese Zustände seien die neuen Eigenkapitalvorschriften, das so genannte Basel-II-Abkommen. Auf die Boom-Phase der New Economy, bei der sich viele Geldinstitute und Beteiligungsgesellschaft eine „blutige Nase“ geholt hätten, folge nun eine „Phase der übertriebenen Zurückhaltung“. Platzeck: „Dass Banken Geld verdienen müssen, ist uns allen klar. Genauso richtig ist aber die Feststellung, dass die Vergabe von Krediten nun einmal zum Kerngeschäft der Kreditinstitute gehört. Und deshalb muss auch die Frage erlaubt sein, wo eigentlich die gewerblichen Bankkunden von morgen herkommen sollen, wenn wir heute die Insolvenzwelle nicht stoppen?“ Platzeck stellte vor dem Hintergrund von Forderungen an die Öffentliche Hand klar, dass zunächst die Banken für die Finanzierung der gewerblichen Wirtschaft zuständig sind und nicht die öffentliche Kasse: „Wir können nicht einfach jedes Risiko sozialisieren und den privaten Kapitalgebern nur noch das ganz sichere Geschäft zumuten.“ Nicht zuletzt sieht Platzeck die Unternehmen selbst in der Pflicht. „Die Qualität des Managements oder ungelöste Nachfolgeregelungen in der Geschäftsführung werden nicht selten zu Recht beanstandet. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Finanzkommunikation zu. Der Unternehmer muss offen und nachvollziehbar agieren und die Informationen bereitstellen, die eine Bank für ihre Entscheidung benötigt. Nur so kann ein Vertrauensverhältnis entstehen.“ Der Ministerpräsident bekräftigte dessen ungeachtet die Bereitschaft des Landes, im Rahmen seiner Möglichkeiten Beiträge zur Stabilisierung kleiner und mittelständischer Unternehmen zu leisten. So unterstütze Brandenburg das RKW bei Beratungsprogrammen zur Verbesserung von Managementkompetenzen. Das Liquiditätssicherungsprogramm Brandenburgs schaffe Anreize, den privaten Kapitalfluss zu beschleunigen. Zudem sollte durch Erhöhung von Margen und eine Reduzierung des Bearbeitungsaufwandes die Attraktivität von Bundesprogrammen wie „Kapital für Arbeit“ erhöht werden. Platzeck regte zudem an, dass sich Klein- und Mittelständler verstärkt der Frage öffnen, Beteiligungskapital einzubeziehen, um ihre Finanzierungsbasis zu verbreitern.